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Schriften zur Psychologie

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DIE DYNAMIK DES UNBEWUSSTEN. Von C, G. Jung. Gesammelte Werke, 8. Band. Rascher-Verlag, Zürich-Stuttgart, 1967. Leinen, 71 Seiten. sFr. 53.-.

Dieser Band dier Gesamtausgabe macht mit einem Zentralaspekt der Jungschen Psychologie bekannt. Während Freud den Standpunkt vertrat, daß die von ihm Libido genannte emotionale Energie im wesentlichen dem Trieb zu lieben entspringe um durch die Liebe Befriedigung zu erlangen, machte sich Jung van dieser ihm zu einseitig erscheinenden Auffassung frei und lehrte, diese Libido sei eine geheimnisvolle Urkraft mit unbegrenzten Wirkungsmöglichkeiten.

In „Über die Energetik der Seele” (S. 1 bis 73) ist die Jungsche Libido- Theorie, die zum Verständnis seines Werkes unentbehrlich ist, eingehend dangesteilt. In „Theoretische Überlegungen zum Wesen des Psychischen” (S. 185 bis 258) wenden die Begriffe Bewußtsein und Unbewußtes historisch untersucht und ihr Zusammenhang mit dem Instinktbegriff wird in dieser Arbeit herausgearbeitet. Für den Nichtfachmann sei auf „Die Lebenswende” (S. 441 bis 460) verwiesen. Hier wind die „Individuation”, das heißt, die seelische Vollendung der zweiten Lebenshälfte beschrieben. Ferner mag „Seele und Tod” allgemeineres Interesse her- vorrufen, weil es die Beziehung der Psyche zu Raum und Zeit behandelt. „Die hypothetische Möglichkeit, daß die Psyche auch eine raumzeitlose Seinsform berühre, ist ein bis auf weiteres ernst zu nehmendes wissenschaftliches Fragezeichen” (Seite 473). „Die transzendente Funktion”, erst vierzig Jahre nach ihrer Entstehung herausgegeben, zeigt, vom psychologischen Standpunkt aus, wie der „innere Dialog” zustandekommt und weist damit auf die prospektive Tendenz des Unbewußten hin. Gerade der vorliegende Band bietet dem Außenstehenden einen guten Einblick in die weitgespannte psychologische Konzeption C. G. Jungs. Allerdings verlangt die Beschäftigung mit dieser Materie beträchtlichen, aufmerksamen Fleiß und kritischen Ernst.

PSYCHE. Von David Stafford-Clark. Krankheit und Heilung:. Aus dem Englischen übertragen von Margaret Auer. Englische Originalausgabe „Psychiatry to-day”. Penguin Books Ltd., Harmondsworth, Middlessex, England. Biederstein-Verlag, München, 1967. 393 Seiten, Paperback. DM 19.80.

Verfasser dieses Buches ist Chefarzt der Abteilung für psychologische Medizin am Londoner Guy’s Hospital. Mit diesem Werk will er dem aufgeschlossenen intelligenten Laien die Angst vor dem Psychiater und vor allem vor den Krankheiten, mit der es die Psychiatrie zu tun hat, nehmen. Vor die Behandlung des eigentlichen Themas (Schilderung gesunden und kranken Seelenlebens, Behandlung seelischer Störungen) hat der Verfasser einen Rückblick über die Geschichte der Psychiatrie gesetzt. Diese läßt verstehen, warum sich die Angst vor dem Psychiater so lange halten konnte. Anderseits leuchtet vor dem Hintergrund der Einleitung die Wandlung der psychiatrischen Betrachtungsweise gerade unseres Jahrhunderts besonders klar auf. Ob es sich um die Folgen organischer Defekte, um rein funktionelle Störungen, um die Fonmemkreise der sogenannten Psychosen handelt, immer geht es um den Menschen, dem geholfen werden soll. Der Verfasser schildert nach der Abhandlung der Symptomatik und der möglichen Ursachen der Störungen die verschiedenen Behandlungsmethoden, seien sie psychologischer oder medikamentöser Art, sehr eingehend.

Auch der Hinweis auf die Zusammenarbeit zwischen Psychiater und den Vertretern der übrigen Medizin muß für den Nichtfachmann aufschlußreich sein. Dem Autor geht es darum, die enge Verflochtenheit zwi schen Leib und Seele aufzuzeigen, Das betrifft die Genese der Erkrankungen, aber auch die Therapie, Er erörtert die modernsten Forschungsergebnisse, seien es biochemische oder psychologische. Da die moderne Psychiatrie die gültigen Erkenntnisse der Tiefenpsychologie aufgenommen hat, finde! sich auch ein gedrängter Abriß der Schulen Freud, Adler, Jung.

In der Übersetzung wird der Ausdruck Geistesstörungen generell verwendet, so daß auch der Konflikt zwischen einer bewußten und unbewußten Tendenz der Psyche, den wir Neurose nennen, darunter fällt. Dieser formale Einwand ist allerdings der einzige, den man gegen das im besten Sinne populäre Buch, aussprechen kann. Es bietet keine Sensationen, vermittelt aber solides Fachwissen und gründet auf ärztlicher Erfahrung. Eva Firkel

PRAKTIKUM DER EXPERIMENTELLEN PSY- CHOLOGIE. Von Paul Fra1sse. Aus dem Französischen übertragen von Werner įrašei. Verlag Huber. 379 S., Ln. DM/sFr. 38.—

Der Begriff „Experimentelle Psychologie” ist seit Jahren fast untrennbar mit der Wiener Psychologischen Schule verbunden. Eine Einführung erhält schon der Schüler in den letzten Klassen der Oberstufe im philosophisch-psychologischen Einführungsunterricht: In diesem Alter ist auch das Interesse an psychologischen (wie überhaupt auch naturwissenschaftlich erforschbaren) Gesetzmäßigkeiten sowie am Menschen und seinem Verhalten besonders groß. Ein Buch, das in den Sinn, aber auch in die Technik und Methodik des psychologischen Experimentes einführt und gleichzeitig ein Nachschlagewerk für derartige Experimente darstellt, ist für den Lehrer dieses beliebten Faches daher eine wervolle Bereicherung seiner Aibeitsunterlagen.

Bisher waren in deutscher Sprache nur zwei ältere Standardwerke über psychologische Experimente vorhanden, die im Vergleich zu der Darstellung Fraisses auch weniger übersichtlich und unvollständiger waren.

Das vorliegende Handbuch bringt im ersten Teil in gedrängter Darstellung eine Einführung über das Experiment in der Psychologie, die sehr geeignet erscheint, manche Vorurteile und Irirtümer aufzuklären, und Verständnis für diese, aus der wissenschaftlichen Psychologie heute nicht mehr wegzudenkende Methode zu wecken. So wird gleich zu Beginn (S. 7) geklärt, daß „Experimentelle Psychologie” kein Teilgebiet der Psychologie, wie etwa die Ent- wicklumigspsychologie darstellt, sondern lediglich eine Methode, die in allen Teilgebieten — in verschiedener Form und verschiedenem Ausmaß — Anwendung Anden kann. Ebenso wird unmißverständlich davor gewarnt, durch elegante Versuchstechnik das Fehlen brauchbarer Hypothesen zu verdecken: auch die beste Methodik kann nur Hilfsmittel in der Forschung sein.

In solcher Art eingeführt, können dann auch die Anleitungen und Beschreibungen der Experimente richtig verstanden werden: Insgesamt werden 66 Experimente dargestellt, wobei jeweils neben der Anleitung auch die Auswertungsmethode angegeben wird — eine wertvolle Hilfe für die Praxis des Unterrichts. Beim ersten Experiment wird auch zahlenmäßig und inhaltlich genau ausgewertet und interpretiert, um allfällige Gedächtnislücken aus der Zeit des Studiums zu füllen und sinnstörenden Fehlem vorzubeugen.

Im Anhang Anden sich noch darüber hinaus eine kurze Einführung in die statistischen Auswertungsmethoden und den Aufbau von Experimenten, weiter Bemerkungen zur Meß- und Registriertechnik mit Angabe entsprechender technischer Hilfsmittel und ein Kapitel über „Schwellenbestimmung” — ein auch „historisch” interessantes Gebiet, von dem die experimentelle psychologische Forschung eigentlich ihren Ausgang nahm.

In seinen allgemeinen und einführenden Teilen ist das Buch auch für den interessierten Laien, insbesondere aber wissenschaftlich interessierte und vorgebildete Leser, die nicht Hauptfachpsychologen sind, sicherlich interessant und bietet Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit Methodenfragen, aber auch — wie z. B. in den Ausführungen über Grundfragen der menschlichen Psyche. Der eigentliche Interessentenkreis, der von diesem Werk wirklich Gebrauch machen könnte, sind jedoch die Lehrer der „Philosophischen Propädeutik” und der Psychologie MI höheren Schulen sowie Psychologiestudenten: den einen kann es ein wertvoller Unterrichtsbehelf sein, den anderen eine Ergänzung zu den Mitschriften der Übungen und Vorlesungen und eine Art von Repetitorium.

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