Eine Prise Bergoglio auch für die Slowakei

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Nach acht Jahren waren die slowakischen Bischöfe wieder im Vatikan zur Berichterstattung. Die Causa um den abgesetzten Erzbischof Róbert Bezák war dabei ebenso Thema wie der Appell des Papstes zur Hilfe für Flüchtlinge. Die bischöfliche Reaktion dazu fiel verhalten aus.

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Nach acht Jahren waren die slowakischen Bischöfe wieder im Vatikan zur Berichterstattung. Die Causa um den abgesetzten Erzbischof Róbert Bezák war dabei ebenso Thema wie der Appell des Papstes zur Hilfe für Flüchtlinge. Die bischöfliche Reaktion dazu fiel verhalten aus.

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Die Erwartungen waren hoch gespannt, als am 8. November die slowakischen Bischöfe in Wien und Budapest zwei Flugzeuge nach Rom bestiegen. Schon Wochen zuvor hatten die nichtkirchlichen Medien des Landes alle Aufmerksamkeit auf die Lösung der Causa Bezák fokussiert, die nach der Audienz des abgesetzten Erzbischofs von Trnava bei Papst Franziskus am 10. April nahe bevorzustehen schien.

Beim ersten Gottesdienst im Rahmen des Ad-Limina-Besuchs, am Grab des Apostels Petrus unterm Papstaltar des Petersdoms, rief Marián Chovanec, Bischof von Banská Bystrica und Generalsekretär der Bischofskonferenz, die Gläubigen -und das waren in der Enge des Raumes vor allem die Bischöfe und auserwählte Priester - auf, "keine Angst zu haben dem Papst treu zu bleiben, auch wenn das einmal schwerfällt".

Was sagte der Papst wirklich?

Konnte man diese Worte als Vorbereitung auf eine allfällige Rehabilitation des zum Paria gestempelten ehemaligen Bischofskollegen auffassen, so mussten sich die Bischöfe nach dem Besuch der Bischofskongregation in ihrer Hartnäckigkeit bestätigt fühlen. Er danke ihnen für die "Respektierung der Entscheidung des Heiligen Vaters und des Heiligen Stuhls im Kontext des Falles des emeritierten Erzbischofs Monsignore Róbert Bezák", so Kardinal Marc Ouellet. Der nach wie vor amtierende Leiter der Kongregation hatte im Jahr 2012 Bezák jene elf berühmt-berüchtigten Fragen vor allem nach dem Lebenswandel gestellt, die bei der Absetzung Bezáks eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Bei der mittwöchlichen Generalaudienz am Petersplatz konnten die Bischöfe dem Papst die Hand schütteln und der hünenhafte Erzbischof Ján Orosch, der Nachfolger Róbert Bezáks als Erzbischof im "slowakischen Rom", durfte dem Heiligen Vater auch väterlich an den Oberarm greifen. Die eigentliche Begegnung des Bischofskollegiums am Donnerstag, dem 12. November spielte sich, so wie die Begegnung des Papstes mit Erzbischof Bezák und dem Prager Alterzbischof Miloslav Vlk, hinter verschlossenen Türen ab. Der Bericht des katholischen Fernsehkanals "Lux" zeigte nur, wie der Papst gut gelaunt den ebenfalls heiter gestimmten Bischöfen den vorbereiteten Text seiner nicht gehaltenen Rede überreicht.

Was danach geschah, stützt sich auf die nachfolgenden Interviews mit Erzbischof Stanislav Zvolensk´y, seines Zeichens Vorsitzender der Slowakischen Bischofskonferenz, und mit Bischof Frantisek Rábek, der in ihr für die bewaffneten Einheiten und die Kultur zuständig ist.

Nach den anderen behandelten Themen auch zur Causa Bezák befragt, berichtete Zvolensk´y mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn, wie der Papst "sehr bereitwillig, mit großer Hochachtung und verhältnismäßig lang" sich zu der Thematik geäußert habe. Franziskus habe geschildert, "wie er sich mit dem Fall befasst hat, wie er die Unterlagen studiert hat", und auch das "Treffen mit dem Vater Erzbischof Bezák" habe er erwähnt. Der Papst habe die Bischöfe "gebeten, den Grundgedanken zu vermitteln, den er auch Erzbischof Bezák bei der persönlichen Begegnung gesagt hat, dass er bereit ist ihm zu helfen".

"Entwirrung" im Fall Bezák?

So wie auch bei einem zweiten Interview zum Gesamtverlauf des Ad-Limina-Besuchs versagte Zvolensk´y beim Wort "helfen" beinahe die Stimme. Auf die Frage, was das nun bedeute, antwortete er, "diese so resolut vorgebrachte Frage" sei an den Heiligen Vater zu richten. Bischof Rábek wiederum erklärte gesenkten Hauptes, aber lächelnd, es sei "schwer zu sagen, was jetzt sein wird", aber es habe sich "auch bei diesem Gespräch gezeigt, dass praktisch alles von Herrn Bezák abhängt".

Der an der Katholischen Universität Ruzomberok tätige Kirchenanalytiker Imrich Gazda meint dazu, die Worte des Papstes gäben Hoffnung auf eine "Entwirrung des Falles" und es sei "wahrscheinlich, dass Bezák ins geregelte Leben der Kirche eingegliedert wird". Wie der Papst ihm helfen möchte, "ob er ihn nur geistlich ermuntern will oder ihm ein anderes Amt überträgt", sei freilich auch nach diesem Treffen unbekannt.

Einigermaßen überraschend war in der "Rede" des Papstes die Aufforderung an die Bischöfe, sich um ein gutes Einvernehmen mit den Orden zu bemühen. Erzbischof José Rodriguez Carballo, der Sekretär der römischen Ordenskongregation, hatte im September die Slowakei besucht und zur dortigen kirchlichen Lage freundliche, aber auch mahnende Worte gefunden. Im Jahr 2013 etwa hatte der damalige Bischof von Roznava die Salesianer aus seiner Diözese hinausgeworfen -ohne Angabe von Gründen, so wie dies auch Papst Benedikt XVI. mit Erzbischof Bezák getan hatte.

Die Männerorden spielen in der slowakischen Pfarrseelsorge eine geringere Rolle als in Österreich. Während hier die großen Stifte mit ihren inkorporierten Pfarren beispielsweise in Sankt Pölten die Ära Krenn aussitzen konnten, können die Bischöfe in der Slowakei in der Pfarrseelsorge ziemlich unbehelligt schalten und walten. In der kategorialen Seelsorge hingegen spielen etwa die Salesianer Don Boscos in der Jugendarbeit und die Jesuiten im spirituellintellektuellen Bereich durchaus eine Rolle. Auch als Ordensmann war Róbert Bezák in der Bischofskonferenz ein Außenseiter -kein einziger römisch-katholischer Bischof in der Slowakei gehört einem Orden an. Und natürlich ist Papst Franziskus selber Jesuit.

Päpstliche Akzente irritierten

Während die Bischöfe vom Angebot des Papstes, Fragen zu stellen und ihre Meinung offen kundzutun, immerhin Gebrauch gemacht haben, dürften sie so manche von Franziskus gesetzten Akzente irritiert haben. Die slowakischen Medien hatten ausführlich über seinen Aufruf an alle Pfarren Europas berichtet, mindestens einen Flüchtling aufzunehmen, und die geringe Präsenz der Kirche in dieser Frage thematisiert.

Erzbischof Zvolensk´y meinte im öffentlich-rechtlichen Rádio Slovensko nach der Audienz, die katholische Kirche müsse "auch die Entscheidungen der legitim gewählten Repräsentanten des Staats respektieren", denn die Hilfe sei "dann am effektivsten, wenn alle Kräfte in der Gesellschaft zusammenarbeiten".

Auch des Papstes Mahnung an die Bischöfe, es sei "ihre Aufgabe, den gläubigen Laien die Rolle zuzuerkennen, die ihnen im Leben der kirchlichen Gemeinschaften zukommt, auch wenn es um die Erarbeitung und Realisierung pastoraler Pläne geht", dürfte nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Aber die Prise Bergoglio wird den slowakischen Brimsennockerln gut tun.

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