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Umgerechnet rund 250 Millionen Euro aus dem Handel mit Rohdiamanten investieren afrikanische Rebellen jährlich in ihre Waffen und Truppen. Ein Abkommen soll das künftig verhindern.

Sie schmücken die Dekolletés, Ohrläppchen und Hände der Schönen und Reichen. In Europa stehen Diamanten für Unvergänglichkeit und Liebe. In Afrika auch für Bürgerkrieg, Mord und Vertreibung. Denn der edle Kohlenstoff ist vor allem für die Rebellen in den afrikanischen Bürgerkriegsländern die wichtigste Finanzierungsquelle für ihre Waffen.

Diamantvorkommen gibt es zwar auch in Australien, Kanada, Südamerika oder Russland, die Hälfte aller Rohdiamanten stammt jedoch aus Afrika.Weltweit werden jährlich Diamanten im Wert von umgerechnet sechs bis sieben Milliarden Euro gefördert. Schätzungen der Diamantenindustrie zufolge werden davon rund vier Prozent, also in etwa eine viertel Milliarde Euro, für die Bewaffnung rebellischer Truppen verwendet. Nichtstaatliche Organisationen, die gegen den Handel mit diesen so genannten Konfliktdiamanten eintreten, gehen jedoch davon aus, dass an etwa jedem zehnten der luxuriösen Steine Blut klebt. Dies soll künftig mit einem international verbindlichen Regulierungssystem geändert werden.

Kriegschaos in Kongo

Einer der Staaten, der von dieser Regulierung profitieren könnte, ist die zentralafrikanische Demokratische Republik Kongo, das ehemalige Zaire. In dem flächenmäßig drittgrößten Land des Kontinents herrscht seit 1998 ein Bürgerkrieg, dem nach Schätzungen der Vereinten Nationen bisher rund zweieinhalb Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Die Truppen von Präsident Joseph Kabila kämpften in den vergangenen vier Jahren gegen die Rebellenallianz Kongolesische Versammlung für Demokratie (RCD). In den blutigen Konflikt um die Herrschaft im Staat und die Bodenschätze mischten sich auf Regierungsseite Simbabwe, Angola und Namibia ein, die Rebellen erhielten Unterstützung von Ruanda und Uganda. Zudem lieferten sich die Truppen der RCD im Osten des Landes auch noch erbitterte Kämpfe mit den Mai-Mai-Milizen, die sich aus der ehemaligen Hutu-dominierten Armee Ruandas und aus kongolesischen Stammesmilizen zusammensetzen. Finanziert wurden die Auseinandersetzungen in dem an Bodenschätzen ungewöhnlich reichen Land durch die Ausbeutung der Ressourcen: Sowohl die Regierung als auch die Rebellen handeln vor allem mit Diamanten.

Aber auch die Rebellen in anderen Ländern mischen im lukrativen Diamantgeschäft mit: In Angola kontrolliert die Nationalunion für die völlige Unabhängigkeit Angolas (UNITA) Minen, in Sierra Leone die Revolutionäre Vereinigte Front (RUF).

Um nun diese Geldquellen der Rebellen versiegen zu lassen, haben sich vergangene Woche im schweizer Ferienort Interlaken Vertreter von 35 Staaten, der Europäischen Union, Vereinten Nationen, Diamantenindustrie sowie von Non-Profit-Organisationen auf ein neues Kontrollsystem geeinigt: eine Art Gütesiegel. Das mit Jänner 2003 in Kraft tretende Übereinkommen sieht vor, dass nur noch mit den Rohdiamanten gehandelt werden darf, deren unbedenkliche Herkunft durch ein fälschungssicheres Zertifikat festgestellt werden kann. Unbedenklich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Steine aus Minen stammen, die nicht in Rebellenhand sind. Zudem dürfen sie nur noch in standardisierten versiegelten Kisten transportiert werden, um die Vermischung von legalen mit illegalen Diamanten zu verhindern. Denn anhand der einzelnen Steine lasse sich die Herkunft nicht mehr feststellen, erklärt Heinz Reitterer, Diamanten-Gutachter des Auktionshauses Dorotheum.

Das Abkommen von Interlaken bildet den Abschluss des so genannten Kimberley-Prozesses, der im Mai 2000 in Südafrika begonnen hat: Erstmals hatten Vertreter von Diamanten abbauenden Staaten in der Stadt Kimberley darüber beraten, wie der Handel mit Konfliktdiamanten unterbunden werden könnte.

Anne Jung, Mitglied der deutschen Hilfsorganisation Medico International, engagiert sich in der europäischen Kampagne "Fatal Transaction" (Tödliches Geschäft) gegen die Steine. Ihr ist der Grund für die beschlossene Selbstregulierung der Diamantenhändler klar: "Die Diamantenindustrie lebt wie kaum eine andere von ihrem Image. Der Diamant als Symbol für ewige Liebe soll nicht mit Krieg in Verbindung gebracht werden." Auch durch Erdöl würden Bürgerkriege finanziert, "aber tanken ist eben wenig romantisch", daher sei der Imageverlust geringer.

Für Jung ist die Einigung ein erster Schritt, der aber eklatante Schwächen habe: "Die Staaten und Konzerne sind nicht verpflichtet, unabhängige Experten hinzu zu ziehen. Es gibt also keine Kontrolle, um zu belegen, woher die Diamanten tatsächlich kommen. Und es gibt keine Strafmaßnahmen für die, die sich nicht an die Vereinbarung halten und doch mit Konfliktdiamanten handeln."

Auch der Generalsekretär von Amnesty International (ai) Österreich, Heinz Patzelt, betrachtet das Ergebnis als "wesentlichen Fortschritt. Ein erhebliches Defizit ist aber, dass es nicht alle Staaten rasch genug umsetzen werden. Gerade Sierra Leone, Kongo und Angola sehen sich dazu außer Stande." Zwar sieht die Übereinkunft für diesen Fall vor, die betreffenden Staaten gänzlich vom Diamantenhandel auszuschließen. Patzelt: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."

Der fehlt ihm auch bezüglich der afrikanischen Friedensabkommen. Nach jahrelangen Bemühungen der afrikanischen Staatengemeinschaft sowie der Vereinten Nationen, die UNO-Truppen in Kongo stationiert haben, haben die involvierten Staaten nun ihre rund 50.000 Soldaten aus dem Land abgezogen. Kongo versprach im Gegenzug, aus Ruanda geflohene Hutu-Rebellen auszuliefern. Frieden kehrt trotzdem nicht ein. Denn Milizen wie die Mai-Mai nehmen an den Verhandlungen nicht teil. Sie kämpfen weiterhin erbittert gegen die Rebellen der RCD.

Aber auch der Friedensvertrag zwischen Regierung und Rebellen ist brüchig. Heinz Patzelt von ai gibt zu bedenken, dass Friedensabkommen in Afrika nicht dieselbe Bedeutung hätten wie in Europa: "Die Verträge werden häufig nur geschlossen, weil sie eben gerade im Interesse der Parteien liegen. Ändert sich für eine Partei die Interessenslage, ist der Vertrag nur noch das Papier wert, auf dem er steht."

Folgen für Österreich?

Daher sei das in Interlaken vereinbarte System wichtig, um die finanziellen Ressourcen der Rebellen zu verringern. Was aber bedeutet es für die österreichischen Juweliere und deren Kunden? "Gar nichts", prognostiziert Wilfried Haas vom Wiener Diamantclub: "In Österreich gibt es keinen Handel mit Rohdiamanten, die kommen alle schon geschliffen zu uns. Wir haben also keine Probleme", behauptet der Präsident der Vereinigung heimischer Diamantengroßhändler und Juweliere. Zudem würde der gesamte Import nach Österreich über den weltweit größten Edelsteinlieferanten, die Firma De Beers, abgewickelt. Das Unternehmen garantiere längst, dass es keine Konfliktdiamanten vertreibe. Haas: "Ich betone: Bei uns gibt es keine Blutdiamanten."

Heinz Patzelt von ai ist sich da nicht ganz so sicher. "Es gibt in Österreich sicher keinen direkten Markt für die schmutzigen Steine. Aber natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass nicht auch Diamanten von unklarer Herkunft verarbeitet werden."

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