Wenn der Abend kommt, dann kommt "Big Brother". Und "Taxi Orange". Und irgendein super-cooles Clubbing oder ein mega-witziges Event. Eine Tour mit der körperbewussten Inline-Skater-Szene durch das mitternächtliche Wien zum Beispiel oder ein spektakuläres Snowborder-Treffen mit künstlichem Schnee auf einem künstlichen Berg mitten im Sommer. Und, und, und ... Was hat das noch mit Spaß zu tun? fragt die ältere Generation vorwurfsvoll-verständnislos.
Spaß haben, witzig sein, sich locker geben - was steckt hinter diesem markant zur Schau getragenen, jugendlichen Lebensgefühl?
* Junge Leute haben mehr denn je das Bedürfnis, aus der Erwachsenenwelt mit ihrem Anpassungsdruck auszuscheren und unter ihresgleichen zu sein. Zu ihrem Alltag gehört es daher längst, sich einer der lose geführten "Jugendszenen" anzuschließen. Neben der Fußballer- und Tierschützerszene boomen die der Snowborder, Inline-Skater, Mountainbiker-, Computer- und Fitness-Freaks. Dazu Trendforscher Bernhard Heinzlmaier: "Diese Szenen sind offen und tolerant. Dort herrschen oft ein Spaß, eine Achtung und ein reiferer Diskurs als der, den die Erwachsenen den Jungen vielfach in der politischen und sonstigen Inszenierung vorführen".
* "Spaß" wirke wie eine "Boje des Glücks" in einer Welt, die kaum noch verbindliche Werte und Lebensorientierungen bieten kann, sagt der Soziologe Leopold Rosenmayr. "Das richtige Glück ist heute schwer zu finden. So bleibt wenigstens der Spaß, dass die anderen es auch nicht finden."
* "Spaß haben" heißt für die Jungen nicht nur, "über etwas zu lachen". Spaß ist in vielen Fällen auch gar nicht auf Kommunikation oder Verständigung ausgerichtet. "Reden ist nicht wichtig. Wichtig ist das Gefühl der Gemeinsamkeit, des Aufgesogenseins wie von einem riesigen Uterus", beschreibt der Religionssoziologe und Werteforscher Paul M. Zulehner die dazugehörige Gefühlswelt. Man hört dieselbe Musik, bewegt sich zum selben Rhythmus, frönt demselben Körperkult. Alles ist fragmenthaft, schnell, kein Tiefgang, keine großartige Botschaft. Den Augenblick genießen, das zählt. Wer weiß denn schon, was morgen kommt?
* In diese Welt der Jungen wird aber hineingeschnüffelt und -gelauscht wie nie zuvor. Natürlich ist die Wirtschaft längst draufgekommen, dass es in diesen Szenen Entwicklungen gibt, die sich bestens kommerzialisieren lassen. Irgendwie, ganz basisnahe, entsteht dort eine neue Mode, eine neue Musik, eine neue Frisur, ein neues Körper- und Lebensgefühl. Auffällig, toll, exklusiv. Aber nicht lange. Manche Kleiderkonzerne beispielsweise schicken sogenannte "Trendscouts" auf die ständige Suche nach Vermarktbarem. Was als Produkt herauskommt, wird gewinnbringend an die Jungen zurückgespielt, versehen mit dem Etikett "Lust auf ...?", "Spaß" und "Anerkennung".
* Diese von der Wirtschaft künstlich produzierte Welt ist allerdings nicht jedem zugänglich. Ohne Geld kein Spaß. Alles kostet. Vom Eintritt bis zum Getränk, von der Kleidung, die "in" ist, bis zum Fitness-Gerät. Die Chancen, dabei zu sein, sind ganz unterschiedlich und hängen von den finanziellen Möglichkeiten ab. Die einen können es sich leisten, die anderen nicht. Der Druck zum Mitmachen und Dazugehören wächst enorm.
* Es ist schwierig, eine Verbindung herzustellen zwischen den eigenen Werthaltungen und der Vielfalt an Konsum-Möglichkeiten. Markenmoden gelten dabei als sehr wichtig. Sie schaffen Identität, grenzen ab, sagen etwas aus über die gesellschaftliche Ausrichtung der Trägerin bzw. des Trägers. Wenigstens für heute. Morgen kann das wieder anders sein.
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