Marc Aurel - © Foto: Getty Images  / Ullstein Bild

Marc Aurel: „Die Sorge um sich“

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Vor 1900 Jahren wurde Marc Aurel geboren. Er verkörperte das Ideal eines philosophierenden Herrschers.

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Vor 1900 Jahren wurde Marc Aurel geboren. Er verkörperte das Ideal eines philosophierenden Herrschers.

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„Blick in dein Inneres. Da ist die Quelle des Guten, die niemals aufhört zu sprudeln, wenn du nicht aufhörst zu graben.“ Diese Maxime ist bezeichnend für das Denken und Handeln von Marc Aurel.

Die philosophische Gestaltung des menschlichen Lebens war für ihn ein wesentliches Anliegen. Die Selbstformung der menschlichen Existenz, die als stetiger Prozess erfolgte, sollte zu einem tugendhaften Leben führen, in dem die „Sorge um sich“, das Mitgefühl für die Mitmenschen und die besondere Wertschätzung der Philosophie zentrale Elemente waren. Marc Aurel verstand Philosophie nicht als metaphysische Spekulation über das Wesen des Seins oder als Erkundungen im Bereich der Dialektik oder Logik, sondern als Handlungsanleitung. „Gewiss war Marc Aurel kein tiefer Denker, der wie Platon mit Sokrates [...] neue Wege des Geistes eröffnet hat“, schrieb der Althistoriker Alexander Demandt in seiner umfangreichen Biografie über Marc Aurel. „Seine Gedanken lesen wir ähnlich bei früheren Philosophen, aber nirgend sind sie so eng mit dem Leben verbunden wie hier.“

Geboren wurde Marc Aurel am 26. ­April 121 nach Christus in Rom als Sohn einer vermögenden Senatorenfamilie. Nach dem Tod des Vaters, der früh verstarb, adoptierte der Großvater, der sich durch „edle Gesinnung und Gelassenheit“ auszeichnete, den achtjährigen Knaben. Von kompetenten Privatlehrern erhielt Marc Aurel einen umfassenden Unterricht. Im ersten Buch der Aufzeichnungen „Selbstbetrachtungen“ bedankte er sich bei seinen Lehrern, die ihn motivierten, sein Denken und Handeln nach philosophischen Grundsätzen auszurichten; dazu zählte er, stets an der Bildung und Besserung des eigenen Charakters zu arbeiten, keine Theorien ohne Praxisbezug zu entfalten, keine dogmatischen Thesen zu propagieren, frei zu denken, sich von der Vernunft leiten zu lassen und Mitgefühl mit seinen Mitmenschen zu empfinden.

Durch die politischen Tätigkeiten des Großvaters kam Marc Aurel in Kontakt mit Kaiser Hadrian, der von 117 bis 138 nach Christus regierte. Durch ihn erfuhr er Förderungen und öffentliche Auszeichnungen. Auf Vorschlag Hadrians wurde er von dem späteren Kaiser Antoninus Pius adoptiert. Der mildtätige, verständnisvolle, philosophisch interessierte Herrscher war das große Vorbild für Marc Aurel, der nach dessen Tod im Jahr 161 die Kaiserwürde erhielt. Mit seinem Regierungsantritt endete eine längere verhältnismäßig friedfertige Periode; das Römische Reich musste gegen zahlreiche Angriffe verteidigt werden, die von Parthern, Skythen und vor allem von germanischen Stämmen erfolgten, sodass der Herrscher gezwungen war, an militärischen Operationen teilzunehmen.

Die stoische Lebenskunst

Trotz der widrigen Umstände gelang es Marc Aurel, seine philosophischen Überlegungen in der in griechischer Sprache verfassten Schrift „Selbstbetrachtungen“– einem Höhepunkt der stoischen Philosophie– zusammenzufassen. In einer losen Folge von Aphorismen entfaltete Marc ­Aurel sein philosophisches Rüstzeug, mit dem er die persönliche Lebensführung und die Anforderungen des politischen Amtes bewältigen wollte. Es handelt sich um eine Form geistiger Übungen, die darauf zielten, Grundsätze der stoischen Philosophie als Maximen einer Lebenskunst zu verinner­lichen und nach ihnen zu leben. Dabei sollte man sich stets vergegenwärtigen, dass das Leben des Einzelnen nur einen winzigen Punkt im Kontinuum der Ewigkeit darstellt; die stoische Philosophie hilft, diese Kränkung der menschlichen Hybris zu überwinden.

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