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Operette
Die Wiener Bühnen, auf denen die großen Erfolge der klassischen Operette errungen wurden, sind entwedet ausgebrannt oder müssen als Ersatz für die zerstörte Oper dienen. So das Carl-Theater, das als Getreidespeicher während des Krieges verwendet wurde und einem Fliegerangriff zum Opfer fiel, so die Volksoper und das Theater an der Wien, die beide der Wiener Staatsoper bis zü ihrer Wiederherstellung Asylrecht eingeräumt haben. So ist denn auch die Operette gezwungen worden, zu wandern; und nun scheint sie im Westen Österreichs aufzublühen.
Das Linzer Landestbeater scheint besondere Erfolge aufweisen zu können und auch bereits große Verdienste sich erworben zu haben. Es hat den Mut aufg?bracht, die große Tradition, die nach dem letzten Kriege das Theater an der Wien auf diesem Gebiete unbestritten besaß, für sich in Anspruch zu nehmen. Wer erinnert sich nicht an die großen Premieren, die unter der Regie Hubert Marischkas eine wirkliche neue Blütezeit der Operette heraufführten. In Linz steht man erst an einem Anfang; aber sowohl Regie alj Ensemble haben die Feuertaufe der zwei eroen Versuche „Zigeunerliebe“ und „Grätin Mariza“ mit gutem Erfolg überstanden.
Zugleich mit dem Wiedererklingen der fröhlich perlenden Operettenmelodien erschien in Wien zu früheren Zeiten stets der Operetten-Star. Eine Geistinger bezauberte das Publikum und die Wiener waren auf „ihren Star“ ebenso stol? wie auf „ihre Operetten“. Auch nach dem ersten Weltkrieg hatte Wien seine „Größen der Operette“. Heute ist der Wiener Boden noch keine gute Unterlage für eine leuchtende, farbenreiche Operettenkunst. Vielleicht besitzt aber das Linzer Landestheater in seiner neuen Hauptdarstellerin Wanda von K o b i e r s k a, die als Wienerin die rfatürliche Voraussetzung dafür mitbringt, eine zukünftige „Königin der Operette“? Die Kritik' spricht von einem gepflegten Sopran, von Eleganz und Esprit und scheut nicht Vergleiche mit der großen Wiener Premiere der Gräfin Mariza vor 22 Jahren. Ihr Spiel scheint also ein hervorragender Gewinn für den Linzer Theaterboden zu sein. Nun, Wien urteilt gerne selbst. Und so möge es denn der Westen Österreichs entschuldigen, wenn uns die Bestätigung des wirklich großen Erfolges nur . auf dem heißen Wiener Boden möglich scheint. So bleibt nur der Wunsch, daß steh das Ensemble und die neuentdeckte junge Künstlerin bald dem Wiener Publikum zeigen.
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