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Bald nur noch halbtags im Büro

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FURCHE: Worauf werden Sie das Hauptgewicht legen, auf Opern oder Operetten?

DÖNCH: Man muß da genau abwägen ... es gibt hier ein sehr starkes Interesse für die klassische Operette Sie ist auch die finanzielle Stütze unseres Betriebes. Man kann sagen, es steht Oper zu Operette 50 : 50, wobei es ein leichtes Übergewicht der Operette gibt.

FURCHE: Wird es Neuinszenierungen von Operetten geben?

DÖNCH: Ja, da konnten wir vor allem für den Herbst Schenk für eine Neuinszenierung der „Lustigen Witwe“ gewinnen. Doch in weiterer Zukunft möchte ich auch andere Operetten bringen, ich habe da eine Idee, im nächsten Jahr etwa „Paga-nini“ von Lehär. Doch dies steht und fällt, wie bei den meisten klassischen Operetten, mit einer Neubearbeitung des Buches. Die Musik ist in jedem Fall ausgezeichnet, nur die Libretti sind eine Katastrophe! Das konnte man ja im Fernsehen am 1. Mai selbst beurteilen. — Oder von Johann Strauß wäre „Cagliostro“ eine reizvolle Operette. Wir können sie aber nur herausbringen, wenn das Buch von Grund auf neu geschrieben wird. Es ist nicht leicht, dafür die geeigneten Leute zu finden, es braucht Zeit, denn damit muß man sich ernsthaft beschäftigen. — Neuinsze-

nierungen sind absolut nicht immer notwendig. Die „Fledermaus“ zum Beispiel schlägt alle Rekorde. Wir haben seit 1950 die gleiche Inszenierung, sie kommt einfach beim Publikum an. Wir werden also die alte Inszenierung nur frisch machen, sie wird umbesetzt, ganz neue Leute werden herangezogen, die Kostüme werden erneuert. Das spart viel Geld! — Bei der Operette ist es leicht, die Hauptrollen gut zu besetzen, man kann etwa einen Nicolai Gedda gewinnen, wir haben Bühnen, die uns mit ausgezeichneten Künstlern versorgen, wie das Burgtheater. Reinke z. B. freut sich sehr, bei uns zu spielen. — Schwer sind nur die Chargenrollen zu besetzen, sie bestimmen das Niveau im Operettenalltag. Viele, sehr viele Fremde kommen nach Wien nicht nur der Oper wegen, hier wollen sie auch eine Operette sehen. Ich möchte die Volksoper zu einem klassischen Platz machen, von dem man sagt, nirgends auf der Welt kann man so gut Operette hören, wie in Wien.

FURCHE: Werden Sie auch die moderne Oper pflegen?

DÖNCH: Wir werden in jedem Spieljahr mindestens eine moderne Oper zur Diskussion stellen. Aber natürlich wollen wir nicht gegen das Publikum spielen. Für die kom-

mende Saison, zur 75-Jahr-Feier des Hauses, ist „Kleider machen Leute“ von Marcel Rubin, einem Österreicher, vorgesehen und wird am 14. Dezember in Szene gehen. Ich selbst habe mit dieser Auswahl nichts zu tun, das war vor mir. Ich arrangiere nur die Verträge mit den Künstlern. Erst in der Spielzeit 1974/75 ist meine erste alleinverantwortliche Direktionsperiode.

FURCHE: Haben Sie vor, nach „Mahagonny“ noch andere Brecht-

Stücke zu bringen, wie vielleicht die „Dreigroschenoper“ oder „Herr Pun-tila und sein Knecht Matti“?

DÖNCH: Die „Dreigroschenoper“ ist eigentlich immer wieder aktuell, berühmte Darsteller bieten sich an, den Mackie Messer zu spielen. Es könnte einmal spruchreif werden. Zunächst wollen wir jedoch einmal die Wirkung von „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ abwarten.

FURCHE: Wie steht es mit dem Musical in diesem Theater?

DÖNCH: Es gibt derzeit keine großen Hits. Irgendwie sind wir an einem Ende angekommen. Selbst das Theater an der Wien hat Schwierigkeiten, etwas Interesssantes zu finden. So lange nichts gutes Neues kommt... warum sollen wir uns herumquälen?

FURCHE: Gibt es im Programm sonst noch Neuerungen?

DÖNCH: Da ist vor allem „Die Hochzeit des Figaro“, dessen Ausstattung wir von Salzburg aufgekauft haben. Bei uns jedoch wird er in deutscher Sprache gesungen, in einer völlig neuen Besetzung, um keinen Vergleich mit dem Haus am Ring aufkommen zu lassen. Ich möchte jungen Kräften eine Chance geben. Es bieten sich viele an, aus Amerika, aus dem Osten — es gibt allerdings manchmal beträchtliche Sprachschwierigkeiten —, doch im Osten gibt es ein reiches Stimmenreservoir!

FURCHE: Wird das Staatsopernballett bei Ihnen einen Jour fix bekommen?

DÖNCH: Das Staatsopernballett

wird in diesem Haus am 26. November mit „Puppenfee“ und „Hotel Sacher“ Premiere haben. Es ist ein Versuch. Wir haben hier schon sehr lange keinen Ballettabend gehabt. Wir erwarten uns einen großen Erfolg. Das Staatsopernballett wird in unser Programm eingebaut. Dies soll aber keineswegs eine Abwertung des hauseigenen Balletts sein. Unser Ballett ist mit den Operetten so stark ausgelastet, daß erst in der Spielzeit 1974/75 ein eigener Abend eingeplant werden kann. Doch dieser wird in der Struktur völlig anders geartet sein. Wir wollen nichts „Problematisches“ bringen. Außerdem muß sich unser Programm deutlich von der Staatsoper absetzen.

FURCHE: Als Volksoperndirektor haben Sie, Herr Dönch, ein bestimmtes Konzept? . .

DÖNCH: Ich bin vor allem der Meinung, daß der Direktor eines Theaters nicht selbst inszenieren sollte. — Im Herbst habe ich vor, nur noch halbtags im Büro zu sitzen, der Chef des Hauses muß selbst sehen, was auf der Bühne vorgeht. Ich muß sehen, wo die Leute der Schuh drückt. Das schafft dann Atmosphäre. Man muß alles selbst sehen, die Nachrichten von hinter der Bühne sind oft mit viel Phantasie gekoppelt. Was ich mir selbst zwanzig Jahre lang gewünscht habe, das will ich nun als Direktor verwirklichen.

Das Gespräch für die FURCHE führte Linda de Elias-Blanco.

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