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IM STREIFLICHT

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Der März hat Österreich eine Reihe von kulturellen Auslandserfolgen gebracht. Die Besucherzahl der österreichischen Kunstausstellung in Amerika nähert sich allmähiich der Zweimillionengrenze. Dem erfolgreichen Gastspiel der Wiener Staats-oper in Pari6 folgte ein ebensolches in Brüssel; beide hatten ehrende Neueinladungen für das nächste Jahr zur Folge. Mit Enthusiasmus nahm Paris desgleichen zwei Konzerte der Wiener Philharmoniker auf, während das Opernballett in Cannes gastierte. Als erfreulich darf fener auch die mehrwöchige Tournee des Kammerorchesters der Wiener Konzerthausgesellschaft durch die iberische Halbinsel gewertet werden — es wurde unter anderem in Lissabon als erstes österreichisches Orchester seit vierzehn Jahren empfangen. Nicht minder hat auch die bildende Kunst schöne Erfolge verzeichnen, als deren bedeutendster die Kollektivausstellung des Bildhauer Fritz W o t r u b a in Brüssel zu nennen ist. — Merkwürdigerweise hat die Heimat von all dem nicht eben reichlich Notiz genommen. Von der Kunstausstellung in den USA hört man hauptsächlich durch die zeitweilige Polemik der kommunistischen Presse. Vom Operngastspiel nahm ein Teil der Wiener Presse nur überaus spärlich Notiz und ein Wiener Kritiker griff unter den positiven Stimmen der Pariser Presse mit sicherem Griff eine etwas kritische heraus und ließ 6ich davon seinerseits zu einer ironischen Metakritik inspirieren. Vieles andere verschwand in der Versenkung nichtssagender Zeilen oder wurde überhaupt ganz verschwiegen. Im eigenen Lande gilt der Kunstprophet nichts ...

In Salzburg ein Sommer6eminar für bildende Kunst einzurichten — wahrhaftig, das ist kein schlechter Einfall. Und noch dazu hat er reale Grundlagen: ein Salzburger Kunsthändler stellt ihm ein geeignetes und günstig gelegenes Gebäude zur Verfügung, ein Künstler von Weltgeltung, Oskar Kokoschka nämlich, ist bereit, die Leitung zu übernehmen, das Interesse der Öffentlichkeit i6t groß und schließlich will sogar die Stadt Salzburg mit einer vorderhand allerdings noch recht kleinen Subvention herausrücken. Kurz und gut: dieser Plan scheint von Anfang an unter einem besseren Stern zu stehen als die .Musikolympiade“. Zwar wird er keine Millionen Schilling nach Salzburg bringen, aber er wird, darin ebenfalls der Musikolympiade ungleich, wiederum auch keine Million Schilling kosten, dennoch vermutlich mehr zum Ruhme und zum Ansehen der Salzachstadt beitragen. Und schließlich wäre, ganz nebenbei, noch zu 6agen, daß die Gelegenheit, einem der größten Maler unseres Landes endlich jene Anerkennung zu zollen, die man ihm gerade in Österreich so lange verweigert hat, ebenso ergriffen werden sollte wie die andere; nämlich endlich der bildenden Kunst im Rahmen der Festspiele doch ein wenig mehr Platz einzuräumen. Daß die Kommunal- und Landesbehörden Salzburgs diesem Sommerseminar wenigstens einen Teil der Unterstützung gewährten, die sie der unglückseligen Musikolympiaderei angedeihen ließen, ist innigst zu hoffen und zu wünschen.

Dem Volkstheater würde für die Erstaufführung, der .Gerechten“ von Camus und die Sorgfalt, mit der es seine Schauspieler dafür sechs Wochen proben ließ, viel Dank gebühren. Würde. Denn der Umstand, daß diese Bühne das bedeutende und vieldiskutierte Stück de6 französischen Dichters nur drei Abende lang auf dem Spielplan hat, verdient weder Dank noch Entschuldigung. Drei Abende! Wahrhaftig, das Abonnementsystem des Völktheaters, das schlechten Stücken dreißig Tage lang volle Häuser sichert und den wichtigsten nur drei Abende gönnt, hat seine Eigenheiten ...

Das Apollotheater in Wien faßt nach amtlichen Feststellungen 1442 Personen. Es ist, gelinde gesagt, eine bürokratische Gedankenlosigkeit, wenn eine Filmverleihgesellschaft dem Kritiker zu einer Presse Vorstellung Karten für die sechste Reihe von vorne, also für die 180 schlechtesten Plätze de6 Hauses anbietet. Er hat sie höflich, aber bestimmtest, der unhöflichen Firma zu anderweitiger Verwendung zur Verfügung gestellt. Eine Frage aber: Wer saß auf den 1242 besseren Plätzen bei der Premiere? Wirklich die Wiener Presse? Es wird schwer fallen, mit ihr das Apollotheater zu füllen. Sollte aber nur ein Bildungsmanko die Schuld an dieser unglücklichen postalischen Ausfertigung haben, so sei die ungeschickte Bürokraft ein für alle Male dahin aufgeklärt, daß „Die österreichische Furche“ eine im In- und Ausland nicht ganz unbekannte Wochenschrift für Kulturpolitik und Kunst ist und nicht das Organ durchaus ehrenweiter Kürbis- und Gurkenzüchter — genau so, wie die Wiener .Presse“ nicht das Fachblatt der Mostfabrikanten und die .Volksstimme' nicht das Organ der Gesanglehrer ist.

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