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IM STREIFLICHT

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Nach der letzten Auslandstournee der Philharmoniker fanden die P a r i s e i Zeitungen Worte allerhöchsten Lobes füi die vollendete Interpretationskunst des Wiener Orchesters, in dessen Spiel sich die musikalische Kultur eines Jahrhunderts spiegelt — kritisierten hingegen die Programme, die in Paris lediglich aus Werken von Haydn, Beethoven, Weber und Richard Strauß bestanden „Ob es Koketterie ist“, fragt einer der Kritiker, oder die einfache Uberzeugung, daß, was schön ist, immer schön bleibt, auch wenn man es hundertmal wiederholt?“ Und weiter: „On ne saurait ßtre plus banal et plus pru-dent.“ („Man hätte nicht... vorsichtiger sein können.“) Nun, das ist ein wenig hart gesagt — und stimmt für die Wiener Programme der Philharmoniker in dieser Spielzeit entschieden nicht. Zwar stammen die Werke dei letzten Konzerte fast ausschließlich aus dem 19. Jahrhundert — was man als „prudent“ bezeichnen kann —, aber man hat das „klassische Schema“ verlassen und bringt selten Gehörtes, wenig Bekanntes. So scheint die Hoffnung nicht unbegründet, daß die Philharmoniker auch den -mutigen Schritt in die Gegenwart bald wagen werden. Hier böten sich dem repräsentativen Orchester eine ganze Reihe repräsentativer Werke, die aufzuführen nicht nur eine kulturelle Verpflichtung, sondern sogar ein Gewinn für das Orchester und — wir hoffen! — auch für seine Hörer wäre, *

Seltsame Dinge spielen sich hinter den Kulissen jener Theater ab, die es für ihre Pflicht hielten, aus jenem Amerika, das es bekanntlich besser hat, Stücke zu zeigen, die beweisen könnten, daß es die Menschheit in Amerika auch. nicht besser hat, wenn sich's um Probleme des Seelen- oder Gesellschaftslebens handelt. Wollte nicht die „Insel“ ein Stück des neuen amerikanischen Dramatikers Sherwood aufführen, das unter dem Titel „Der versteinerte Wald“ angekündigt wurde? Doch, sie wollte. Aber es kcmmt merkwürdigerweise nicht dazu. Sollten die Wiener Theater bis jetzt noch kein Interesse für die bitteren Werke des Amerikaners Ir ii Shaw gezeigt haben? Doch, sie zeigt-i. Aber es kommt merkwürdigerweise nicht za ihrer Aufführung. Warum nicht? Nun, es gehen allerlei Gerüchte um. Eins davon b3-sagt, daß die amerikanischen KultuiInstitutionen die Aufführung solcher desillusior.13-render Stücke in Europa nicht allzu gerne sähen, weil sie den Mythos von dem Amerika, daß es auch in Hinsicht des menschlichen Seelenlebens besser hat, zerstören könnten. Aber das kann doch nicht sein, nicht wahr? Wir sind fast sicher, daß nur eine Verkettung unglücklicher Zufälle die Stücke Sher-woods und I. Shaws bis jetzt von den Wiener Bühnen fernhielt...

Uber den verschiedenen Förderungsaktionen, mit denen Idealisten dem Stiefkind des österreichischen Kulturlebens — der bildenden Kunst nämlich — ein wenig auf die Beine helfen wollten, scheint kein guter Stern zu stehen. Der Industriellenverband hat im vergangenen Jahr einen Preis für die besten malerischen, graphischen und bildhauerischen Leistungen gestiftet, der die immerhin beträchtliche Höhe von 60.000 Schilling aufwies und jährlich verliehen werden sollte. Nun, im vorigen Jahr wurde er tatsächlich auf einige Berühmte aufgeteilt! aber heuer schon scheint man ihn ganz und gar vergessen zu haben. Nichts rührt sich. Und die Galerie, die der Indüstriellenverband mit den durch diese Preise angekauften Werken zu füllen gedachte, wird wohl leer bleiben. — Die „Gesellschaft zur Förderung der modernen Kunst“ ist nach kurzer Tätigkeit ebenfalls inaktiv geworden. Schade; man hatte geglaubt, daß sie imstande sein würde, ein wenig zur Milderung der tristen Verhältnisse beizutragen, in denen zu leben oft gerade die begabtesten Künstler gezwungen sind. Das eine wie das andere Unternehmen erweckte die Hoffnung, inmitten des allgemeinen Desinteressements gegenüber unserer bildenden Kunst Oasen des Verständnisses und der Anteilnahme aufblühen zu sehen. Aber leider sind die Sanddünen der Gleichgültigkeit auch über die zarten Triebe schonungslos hinweggegangen ...

Wie die „österreichische Film- und Kino-Zeitung“ meldet, erhielt der bekannte Schauspieler Rudolf Forster von der Gesellschaft der Freunde E. T. A. Hoffmanns die bronzene E.-T.^A.-Hoffmann-Plakette als Anerkennung für seine Darstellung des Dichters in dem deutschen Film „Die tödlichen Träume“. Die Verleihung dieser Plakette ist, wie das Blatt weiter zu berichten weiß, mit dem Vorzug verbunden, daß ihr Träger in allen Weinstuben, in denen E. T. A. Hoffmann zu seinen Lebzeiten eingekehrt ist (es sollen ihrer nicht wenige sein — Anm. der Redaktion), soweit sie heute noch bestehen, unentgeltlich eine Flasche Wein trinken darf. — Unser Verschlag: Verleihung einer Plakette der eisernen Geduld, verbunden mit dem Vorzug, daß ihr Träger, ein österreichischer Forscher, Wissenschaftler oder akademischer Lehrer in einer beliebigen heimischen Gaststube sich einmal ordentlich sattessen darf.

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