Wenn die alte Dame ruft ...

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Alle, wirklich alle - einschließlich des Chefredakteurs - haben wir zu ihm aufgeschaut. Wenn er uns aus der - uns schwindelnd machenden - Höhe von fast zwei Metern Körpergröße die Welt und die Medienlandschaft erklärte, ließen ihn seine geistigen Höhenflüge um noch einige Zentimeter länger erscheinen als er wirklich war, und wir kamen uns umso tiefer unten vor, jedenfalls sehr tief beeindruckt.

Rudolf Mitlöhner hat auf dieser Seite seinen letzten Beitrag als Redakteur der Furche geschrieben, mit 1. Juni ist er ins Kulturressort der "Presse" übersiedelt. Wir blicken ihm mit gemischten Gefühlen nach: Daß der Ruf der großen alten und hochgeachteten alten Dame unter Österreichs Tageszeitungen einen aus dem Furche-Team erreicht hat, wirft auch auf die übrigen ein wenig Glorie, erweist das Nischenprodukt zwischen stramm rechter und verspielt linker Journaille, das Brückenprojekt zwischen konservativem und progressivem Katholizismus, zumindest als brauchbare Talenteschmiede auf der heimischen Medienbühne. Doch sein Abgang hinterläßt eine empfindliche Lücke, um nicht zu sagen einen Spalt, in unserer kleinen Redaktion.

Rudolf Mitlöhner, Jahrgang 1965, ist nicht der erste - und sicher auch nicht der letzte - unter Österreichs Journalisten, der einen Teil - und zwar einen wichtigen, wollen wir behaupten - seiner jungen Jahre in der Furche-Redaktion verbracht hat.

Sein Studium der katholischen Theologie, neben dem er auf Seminaren der Katholischen Medienakademie in den Journalismus hineinschnupperte, hätte ihn ja vor allem für das Ressort Religion qualifiziert, indes, so würde er selbst sagen, die Vorbildung war in der Medienbranche, und speziell in der Furche selten ausschlaggebend für das Ressort, für das man sich später interessierte oder in das man eben geriet.

Von der Katholischen Hochschulgemeinde Graz, wo er ab 1990 als Bildungsreferent unter anderem die Zeitschrift "Denken + Glauben" gestaltete, wechselte der begeisterte Wahlsteirer 1994 ins Ressort Außenpolitik der "Kleinen Zeitung" in Graz, ehe er ab 1. September 1996 das Politik-Ressort der Furche übernahm, also die derzeit "Forum" und "Reportage" benannten Seiten. Seine Geburtsstadt Wien konnte sich des heimgekehrten Sohnes erfreuen, auch wenn er bald sein Domizil ins benachbarte Perchtoldsdorf verlegte. Mehr noch als dortigen Rebenprodukten ist der Freund guten Essens und Trinkens, aber steirischen und burgenländischen Weinen zugetan.

Mit seiner Frau Petra, einer promovierten Musikwissenschaftlerin aus der Steiermark, teilt der inzwischen zweifache Vater die Liebe zur Musik. Locker schüttelte er - obwohl ressortmäßig nicht zuständig -, als Not am Mann war, einen Nachruf auf Sir Georg Solti aus dem Ärmel, gewiß brillant wird er einzelnen Feuilletons in der Furche regelmäßige Kulturbeiträge in der "Presse" folgen lassen. Seine ehemaligen Kollegen wünschen ihm dazu alles Gute und sind sicher, daß Rudi Mitlöhner die ihm gestellten Aufgaben "derpacken" wird.

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