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Ein Leben für die Presse

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Die „Furch e“ hat in ihrer letzten Nummer den Tod Pater Emile Gabels gemeldet und sein Leben und sein Wirken im Poträt gewürdigt. Wir sind heute in der Lage, ergänzend zum Porträt noch einiges über das besondere Wirken P. Gabels im französischen Pressewesen, insbesondere seine Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „La Croix“, zu berichten. Unser Pariser Mitarbeiter, Alexander Kare 11, schildert dieses Wirken P. Gabels und seine Person unter dem unmittelbaren Eindruck des plötzlichen Todes dieses großen Priesters und Journalisten.

Die Redaktion

Bei dem Flugzeugunfall der Air- France-Boeing, Chile—Paris, verlor eine Persönlichkeit das Leben, die in wahrhaft weltumfassendem Sinne gewirkt hat und für die katholischen Journalisten Freund, Vorbild und Ratgeber war.

Der Generalsekretär der Internationalen Union der katholischen Presse, Emile Gabel, war aus Berufung Priester und mit Leidenschaft Journalist.

Nach Studien der Philosophie und der Theologie in den Schulen der Kongregation und auf der Universität Loewen und der Universität Straßburg wurde er am 16. April 1934 zum Priester geweiht. Er trat in den Orden der Assumptionisten eiin, diese Kongregation beschäftigt sich besonders mit der Presse und dem Verlagswesen. Er folgte dem Ruf seines Ordens und leitete als Direktor die Verlagsabteilung der „Maison de la Bonne Presse“ in Paris von 1943 bis 1949.

La Bonne Presse ist das bedeutendste katholische Verlagsunternehmen Frankreichs und gehört bis zum heutigen Tage dem Aasumptionisten- orden. Das Haus ist zweifellos das moderne Kloster der Gegenwart und Zukunft und förderte den gewaltigen Aufbruch des französischen Katholizismus zwischen den Kriegen und nach der Befreiung.

Wochenzeitschriften wie „Der Pilger“ zeigen eine Auflagenziffer von jeweils über 500.000 Exemplaren. Seine bedeutende Jouxnal’istenfähig- keit bewies Emile Gabel als Chefredakteur der wichtigen katholischen Tageszeitung „La Croix“.

Er war es, der aus dem etwas verschlafenen und streng konservativen Blatt eine Massenzeitung machte, die trotz gewisser finanzieller Schwierigkeiten bis zum heutigen Tage auf dem Pariser Zedtungsmarkt eine besondere Stellung einnimmt. Wollen Kommunisten oder die extreme Rechte etwas außerordentlich Glaubwürdiges zitieren, sagen sie: „Es hat sogar in ,La Croix“ gestanden.“

Freilich, Emile Gabel war kein bequemer Chefredakteur, sondern rief das Gewissen auf und wagte sogar am Höhepunkt des algerischen Krieges, ziemlich als einziger, gegen die Anwendung der Folter durch französische Sicherheitsbehörden aufzutreten.

„Ich legte den Kurs von ,La Croix’

fest, indem ich eine behagliche Bürgerlichkeit verließ und sie zur nachdenkenden Mitte führte.“ Hohe geistliche Würdenträger verstanden nicht immer das drängende Verlangen des Chefredakteurs, durch eine moderne

Verpackung ein breites Leserpublikum zu schaffen. „Sie bringen mehr über Dameohüte und vernachlässigen meine Hirtenbriefe“, grollte eine Eminenz.

„Ihre Hirtenbriefe werden nur dann von der Masse gelesen, wenn sie dem entsprechenden aktuellen Rahmen angepaßt sind“, versöhnte der Chefredakteur diese hohe Persönlichkeit. Das Recht auf Informationen, der Wille, die Vorgänge in der Kirche in Einzelheiten zu kommentieren, bestimmten die Linie des Blattes.

Ein schweres Augenleiden, Emile Gabel war praktisch auf einem Auge blind, zwang ihn zur Aufgabe der

Chefredaktion. Selbstverständlich hätte man diese wertvolle Kraft auch woanders einsetzen können, aber einzelne Kreise waren froh, den Mahner scheinbar auf ein Nebengeleise zu schieben. Niemals hat sich

Emile Gabel über Ereignisse vor oder nach seinem Abgang beschwert. Er war in erster Linie Priester, der alles zu begreifen und die menschlichen Schwächen zu verstehen versuchte.

Als Generalsekretär der Internationalen Union der katholischen Presse seit 1957 sprengte der Assumptionistenpater die nationalen Grenzen und wurde das Bindeglied zwischen katholischen Journalisten und Zeitschriften der Welt. Ihm gelang es, aus der „Weltunion der katholischen Presse“, die „Katholische Weltunion der Presse“ zu schaffen. Dies mag ein Wortspiel sein; aber nun war die Union für alle katholischen Journalisten offen, selbst wenn sie bei nichtkatholischen Zeitungen arbeiteten. Es ist ein offenes Geheinanis, daß Emile Gabel durch seine persönlichen Arbeiten das bescheidene Büro in der Rue Saint-Augustin fast zur Gänze selbst finanzierte. Er war unermüdlich im Abfassen von Artikeln, hielt Referate, präsidierte Studientagungen.

Sein Hauptanliegen war, die Entwicklung der katholischen Weltunion der Presse in drei große Gruppen gegliedert, zu fördern.

• Tageszeitungen und Zeitschriften,

• die katholischen Journalisten,

• die katholischen Nachrichtenagenturen.

Der Generalsekretär kämpfte besonders um das Verständnis für die katholische Presse in Südamerika, einem Kontinent, dem er gewichtige Aufgaben in der Zukunft zuwies. Während unzähliger Reisen, nach Afrika, Asien, Südamerika, hatte er die Probleme der dritten Welt kennengelernt.

Mit echter Freude durfte er feststellen, daß hauptsächlich die deutschen Katholiken in ihren Werken „Adveniat“ und „Misereor“ seine Bestrebungen anerkannten und ihn finanziell unterstützen. Dann wurde er, der Franzose, Vermittler zwischen dem deutschen Katholizismus und Südamerika. Es ging ihm vor allem darum, die öffentliche Meinung Europas zu beeinflussen, um sie mit den Problemen der unterentwickelten Länder zu konfrontieren.

Machte man ihm Vorwürfe, daß er den Unglückspropheten spiele, meinte er trocken: „Kann man ein Barometer verurteilen, das Fieber anzeigt, oder einen Nachtwächter entlassen, der am Horizont das Gewitter des Morgens sieht?“

Sein letzter Brief ging am 7. März, also eineinhalb Tage nach seinem Tod, ein. „Ich werde am Mittwoch kommen“ — und er setzte fast prophetisch in spanischer Sprache hinzu: „Wenn Gott es will.“

Aber der Schöpfer wollte es anders, und den katholischen Journalisten in aller Welt bleibt nichts übrig, als an einen Mann zu denken, der nur eines kannte: eine Presse des Volkes1 in Gott.

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