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Der erste Grobangriff der Geheimen Staatspolizei

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setzte gegen das katholische Nachrichtenbüro „De.Katholicke Wereldpost“ ein, dessen Hauptsitz in Breda war. Bald nach der Besetzung wurde der Direktor Dr. Hein H o e b e n und der Chefredakteur van L i e r o p sowie der Journalist Franz von D e g,e n verhaftet. Sie verschwanden nach Buchenwalde, von wo im Februar 1942 der Bericht kam, daß sie „gestorben“ waren. Eine Sonderkommission der Gestapo aus Düsseldorf nistete sich in der Zentrale des Nachrichtenbüros ein, spann von dort aus zunächst ihre Fäden weiter und vernichtete dann die Nachrichtenagentur, als sie sich für die Fortsetzung der Täuschungsmanöver in der auswärtigen Presse nicht mehr eignete, bis auf ihre Fundamente. Im Rahmen dieser Aktion wurden am 19. Jänner 1941 der Hauptschriftleiter von „Het Dagblad van Noordbrabant“ in Breda, Dr. A. van de P o e 1 und der Redaktionschef dieser Zeitung, J. D. A. S c h i 1 s verhaftet. Dr. A. van de Poel, dessen Verhaftung, auf Verleumdungen gestützt, aufrechterhalten blieb, wurde in ein KZ-Lager gebracht, in dem er dreieinhalb Jahre, bis 1944, verblieb. Der Journalist J. D. A. Schils, dessen Tätigkeit als Sachbearbeiter für Österreich für „De Katholicke Wereldpost“ besonders das Interesse der Gestapo erweckte, wurde zwar aus der Haft entlassen, aber konfiniert und knapp vor der Befreiung von Südholland samt seiner großen Familie von Haus und Herd vertrieben.

Nach dem Vorstoß der Gestapo in Breda mehrten sich die Verhaftungen katholischer Journalisten. Adriaan Juten in Bergen op Zoom, Bruna in Breda, Zoetmulder in Eindhoven, Wijffels in Hertogenbosch, Mr. Smits in Valkenburg, Schaepman im Haag, Dosker in Roermond, Bressers in Roermond, Witlose in Rotterdam — sie alle wanderten in Gefängnisse. Die Liste ist nicht einmal vollständig. Wohl ist die Mehrzahl nach einiger Zeit wieder in ihr Heim zurückgekehrt, andere haben in der Gefangenschaft ihr Leben lassen müssen.

Mitte 1942 verschärfte sich der nationalsozialistische Kurs nochmals. Denn im Haag hatte ein Personalwechsel stattgefunden. Der Generalkommissar für Volksaufklärung und Propaganda, Schmidt, war auf seltsame Weise, auf einer Reise in Frankreich, ums Leben gekommen und fortan verlegte sich der Schwerpunkt fast ausschließlich zur SS. Die Zeitungen fühlten dies bald. Die katholischen Fachblätter in Tilburg, in Nymwegen, in Bergen op Zoom und in Heerlen wurden verboten. Irgendein Vorwand genügte. Im Norden des Landes folgte unter anderen „Het Centrum“ in Utrecht, es verschwanden jetzt nach und nach katholische Wochenblätter und Zeitschriften. Die Papiernot wurde im ganzen Lande zum Vorwand, unter dem Titel von Zusammenlegungen die katholische Presse zu dezimieren; aber noch schlimmer setzte den Blättern die polizeiliche Reglementierung des Zeitungsinhaltes, die gewaltsame Beseitigung der letzten Reste von Pressefreiheit für die übriggebliebenen Zeitungen zu. Es war daher nicht zu verwundern, daß die Leser ihre alt vertrauten Zeitungen fast nicht mehr wiedererkannten und ihrer Berichterstattung keinen Glauben mehr schenkten. Als im Juli 1944 die holländischen Bischöfe öffentlich in einem Hirtenschreiben verkündeten, daß sie in Holland kein einziges Blatt mehr als katholische Zeitung anerkennen könnten, war dies nur eine Bestätigung der erzwungenen Abdankung der letzten Reste der ehemaligen katholischen Presse. Die „De Tijd“ in Amsterdam, die wohl am schärfsten verfolgt worden war, hatte noch bis zum letzten als katholisches Organ standgehalten. Ein fast tragischer Fall wurde das katholische Tagblatt „De Residentiebode“ im Haag. Als im ersten Jahre der Besetzung noch drei politische Parteien gestattet waren, die nazistische Bewegung van Mussert, die faschistische Organisation „Zwart Front“ von Arnold Meyer und die nationale Widerstandssammlung „De Nederlandsche Unie“, hat „De Residentiebode im Haag die Partei von „Zwart Front“ von Arnold Meyer gewählt und die Tageszeitung für diese nazistische Organisation gebildet. Typisch für die ablehnende Haltung und die Grundsatztreue der Haager Katholiken war, daß sie sofort diese Zeitung boykottierten, weil sie sich freiwillig zu dieser nazistischen Partei bekannt hatte. In wenigen Monaten sank ihre Abonnentenzahl auf wenige Tausende und es nützte ihr nichts, daß auch diese Partei energisch gegen die nazistische Bewegung van Müssen Stellung nahm. Sie wurde bald darauf von den Deutschen aufgehoben.

Als die Befreiungsstunde für die Süd-Niederlande im Herbst 1944 angebrochen war, war die Bilanz der katholischen Presse folgende: Die Einrichtungen und Maschinen der katholischen Verlagsanstalten waren erhalten und zahllose Zeitungsarbeiter vor der Zwangsarbeit in Deutschland bewahrt geblieben, aber die katholische Presse war ausgelöscht. Je länger der Krieg noch dauerte, um so deutlidier hoben sich die Verwüstungen„ die unter nazistischer Herrschaft das zuvor blühende katholische Zeitungswesen Hollands verheert hatten, von dem düsteren Horizonte der allgemeinen Lage ab.

Aber in diesen harten Zeiten arbeiteten in Kellern und allerlei Verstecken Journalisten und Drücker, die den Spürhunden der Gestapo zu entgehen wußten und mit tausen-den zeitungsähnlichen Flugschriften das Land übersäten. Und eine enggefügte Reihe von Hirtenschreiben, die sonntags von den Kanzeln verlesen wurden, ersetzten das fehlende gedruckte Wort der katholischen Presse, die katholische Bevölkerung weisend und ermutigend, unerschüttert durch die Drohungen.

Endlich kam die Befreiung. Die Zeit der schweren Heimsuchung war kaum vorüber, als Verleger und Journalisten zu ihrer alten Fahne zurückkehrten und darangingen, das katholische Zeitungswesen wieder aufzurichten. Heute erscheinen alle katholischen Zeitungen wieder; die meisten, deren Namen unter dem Terror der Besetzung mißbraucht worden waren, sind durch neue ersetzt worden. Aber die alte Tradition der katholischen Presse Hollands ist heute wieder aufgenommen. Freilich, in den Reihen ihrer Männer der Feder fehlt manche bedeutende Persönlichkeit, fehlen die für ihre Uberzeugung und im Dienste ihrer großen Sache Gefallenen. Die bleibende Erinnerung an diese Männer fügt der Geschichte der katholischen Presse des Landes ein neues ehrenvolles Blatt ein.

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