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Während des Jahres 1970 fanden drei Sitzungen des Internationalen Exekutivkomitees statt. Zu dem Kongreß von Seoul hatte das österreichische PEN-Zentrum keine Delegation entsandt. Allerdings waren in der südkoreanischen Hauptstadt auch eine Reihe anderer Zentren, darunter die der Bundesrepublik, der Schweiz, Dänemarks, Schottlands sowie aller osteuropäischen Länder, außer Jugoslawien, nicht vertreten, so daß dort keine entsprechenden Resolutionen — entscheidend für das große konstante Ost-West-Gespräch im PEN — gefaßt wurden und nur der arabisch-israelische Konflikt, der den Internationalen PEN seit langem beschäftigt, der Beilegung um einen Schritt näher kam.

Im Frühjahr war es in London zu einer scharfen Auseinandersetzung aus Anlaß eines offenen Briefes gekommen, in dem unter anderen der Internationale Präsident Pierre Emmanuel sowie D. Carver und Arthur Miller gegen den Ausschluß Alexander Solschenizyns aus dem sowjetischen Schriftstellerverband protestiert hatten. Es kam zu überaus heftigen Diskussionen, aber nicht zu jenem Austritt des Ostblocks, der ursprünglich angedroht worden war. Daß ein solcher Austritt auch nicht erfolgte, als man sich gegen den Willen dieses Ostblocks einige Monate später in Seoul versammelte, zeigt den Willen der Regierungen dieser Länder, ihre Schriftsteller trotz allem nicht aus dem PEN, dieser dort hochgeachteten Institution, zurückzuziehen. Eine ähnlich kritische Situation ergab sich während der Herbstsitzung der Internationalen Exekutive in Edinburg, als die Delegierten der Deutschen Demokratischen Republik am Vormittag demonstrativ

| den Tagungsort verließen, weil wenige Tage vorher durch Emmanuel, Carver und Miller ein Telegramm an Präsident Ulbricht zugunsten des

| in der DDR in seiner Bewegungsund Meinungsfreiheit beschränkten Schriftstellers Peter Hüchel gerichtet worden war. Die Affäre wurde in der Nachmittagssitzung beigelegt. Auch im Zusammenhang mit einem Appell an den tschechoslowakischen Unterrichtsminister, in dem gegen die Verfolgung von Schriftstellern und Intellektuellen in seinem Land Einspruch erhoben wurde, kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Aber der Beschluß, den Appell abzuschicken, wurde von der Mehrheit der Anwesenden gefaßt.

Unter den Resolutionen, die in Edinburg ohne Widerspruch beschlossen wurden, war auch ein Antrag des österreichischen PEN, wonach mit Hilfe internationaler Institutionen eine feste finanzielle Grundlage für das „Komitee der Schriftsteller im Gefängnis“ geschaffen werden soll. Der österreichische PEN-Club hält dieses Komitee, das in vielen Fällen eingreifen und eine Anzahl von — aus gutem Grund nicht an die große Glocke gehängten — Erfolgen erzielen konnte, für eine der wichtigsten raisons d'etre des Internationalen PEN. Man besprach auf der Herbstsitzung neben dem Fall Peter Hüchels auch andere Fälle von Schriftstellerverfolgungen, so den der Brüdier Quintin und Riza! Yuyi-tung, die in Manila eingekerkert sind. Im anhaltenden Konflikt zwischen den Vertretern des “libanesischen und des israelischen PEN, die sich über die Lage der palästinensischen Schriftsteller in den von Israel besetzten Gebieten sowie in Israel selbst uneinig sind, wurde beschlossen, die umstrittenen Fälle mit Hilfe der Institution Amnesty International zu untersuchen. Im übrigen wurde ein Antrag des DDR-Zentrums angenommen, wonach die verschiedenen Zentren der Internationalen Exekutive von Zeit zu Zeit über ihre Aktivitäten berichten sollen. Und schließlich wurde der Vorschlag des ungarischen PEN, die einzelnen Zentren sollten aus Anlaß des bevorstehenden 50. Jubiläums der Gründung des Internationalen PEN, im Jahr 1971, ihre eigene Entstehungsgeschichte vorbereiten, nach einiger Diskussion über die Durchführbarkeit akzeptiert. Nach wie vor steht also die Tätigkeit des Internationalen PEN unter der Einwirkung der großen Politik, ist diese Institution, da die Charta vorschreibt, sich aktiv für die Meinungsfreiheit und die persönliche Freiheit von Schriftstellern allerorten zu verwenden, immer wieder der Gefahr schwerer Zerwürfnisse in ihren eigenen Reihen ausgesetzt. Trotzdem wurde es bisher immer wieder vermieden, den Konflikt bis zu einem offenen Bruch zu treiben. Und wie heftig die Diskussion in den Exekutivsitzungen auch geführt wird — im Lauf der literarischen Gespräche und geselligen Zusammenkünfte, die diesen folgen, stellt sich die Harmonie zwischen den

Delegierten aus allen Ländern unweigerlich von neuem her. Man muß solche Konferenzen und Kongresse miterlebt haben, um den Sinn und Segen einer internationalen Organisation wie des PEN-Clubs zu verstehen.

Im nächsten Jahr sollen zwei allgemeine Zusammenkünfte stattfinden, eine auf geladene Gäste beschränkte im Mai in Piran, und der große Jubiläumskonf»reß vom 11. bis 17. Oktober in Dublin. Bei beiden wird der österreichische PEN-Club vertreten sein.

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