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Spielregeln - neu entdeckt

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Geradezu ökumenisch gaben sich die Mitglieder des Salzburger Gemeinderates bei der konstituierenden Sitzung vor nunmehr zwei Wochen: Sie verzichteten auf die sonst üblichen äußeren Kennzeichen ihrer politischen Überzeugung, auf die Blumen im Knopfloch. Dabei werden in den Jahren der kommenden Legislaturperiode die Konturen der einzelnen Fraktionen zwangsweise stärker als bisher hervortreten. Denn das ist die Prophezeiung der Politiker aller Parteien in Salzburg: Die Zeit der einstimmigen Beschlüsse und der Einstimmigkeit ist endgültig vorbei. Es wird mehr Bewegung in die Kommunalpolitik kommen. Das demokratische Wechselspiel wird neues Gewicht erlangen. Mit anderen Worten: die sogenannten demokratischen Spielregeln werden neu entdeckt.

Gemäßigte Sieger

Blenden wir kurz zurück: Salzburg war Anfang Oktober der erste Hinweis auf das, was sich inzwischen als deutlicher Trend herausgestellt hat: Die SPÖ gewann, während die ÖVP und die Freiheitlichen Einbußen hinnehmen mußten. Dabei hatten die ÖVP-Wahlmanager den Sieg so greifbar nahe geglaubt wie nie zuvor. Man weiß, was dann gekommen ist: Aus dem damals gültigen Mandatsstand von 16 SPÖ, 14 ÖVP, 9 FPÖ, 1 KPÖ wurde der eindeutige Sieg der Sozialisten, die nun 19 Mandate innehaben, während ÖVP auf 13 und FPÖ auf 8 Sitze zurückfielen und die Kommunisten aus dem Gemeinderat ausschieden. Die unmittelbare Folge dieses Ergebnisses ist die sozialistische Mehrheit im Stadtsenat, dem maßgeblichen Gremium bei allen kommunalen Entscheidungen. Außerdem haben die Sozialisten den Freiheitlichen den Vizebürgermeister abgenommen. Daß sie auch noch in einer Anzahl von Ausschüssen die Mehrheit bekamen, ist nach außenhin vielleicht nicht so spektakulär, nach innen aber außerordentlich wichtig. 3e*i5fe Verlierer' und ' Uuch Außen-^eJ^4pde'Vpr,waj;teten nach Seih SP-

Sieg einen gewaltigen Machthunger der Sozialisten. Beobachter gebrauchten sogar im Zusammenhang mit der Machtbeschneidung der ÖVP, die ja nach der Niederlage kommen mußte, den Ausdruck vom „Christbaumabräumen“. Nichts dergleichen geschah. Bäck, im Wahlkampf Hauptzielscheibe der ÖVP-Angriffe, gab sich als äußerst gemäßigter, nichts nachtragender Sieger. Und in relativ kurzer Zeit war man sich auch über die Ressortverteilung einig: Die ÖVP mußte weniger preisgeben als sie befürchtet hatte, die Freiheitlichen wurden noch mehr geschont So scheint die rauhe Luft des Wahlkampfes einer milderen Front der Arbeitswilligkeit gewichen zu sein. Das häufig zitierte Salzburger Klima, um im meteorologischen Bild zu bleiben, gehört allerdings der Vergangenheit an.

Nicht alle sind über diese Aussichten erfreut. Man befürchtet von verschiedenen Seiten, daß nun allzuviel Streitereien, fruchtlose Auseinandersetzungen, das ehemals fruchtlose Suchen nach immer neuen Kompromissen ablösen werden. Mit anderen Worten, daß Parteihader in Reinkultur sich einniste.

Die Mehrheit der politisch Interessierten ist jedoch eher geneigt, der kommenden Legislaturperiode ein positives Vorzeichen zu verleihen. Sie gründen ihre Hoffnungen auf die Wiederentdeckung der demokratischen Spielregeln. Sie meinen, daß gesunde Diskussion politischer Arbeit unbedingt förderlich sei. Sie hoffen auch, daß neue Gedanken, die bisher mitunter der Kompromißsuche zum Opfer gefallen sind, nun endlich zum Durchbruch kommen könnten. Daß beim Bemühen um eine gütliche Einigung viele Dinge verwässert wurden, empfand man nämlich all die Jahre vielfach als unvermeidbaren Tribut an das Klima. Manche zündende Idee wurde da im lauwarmen Wasser der satten Rücksichtnahme ertränkt. Entscheidungen, über die trotz aller Bemühungen kein Einverständnis! ej> |'^t^^**oMTrte^iig0en eiffach ' auf läie Ya'nge BanV geschoben. 1 ;s

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