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Eine Frage hängt in der Luft. Ihre Beantwortung durch ÖVP und SPD wird ziemlich dringend erwartet: Sind die beiden Parteien ■—jede für sich — willens oder nicht willens, eine Koalition mit der FPÖ nach den nächsten Nationalratswahlen einzugehen? Vorweg sei gesagt: Keiner der jüngsten lokalen oder regionalen Erfolge der FPÖ, ja nicht einmal ein solcher bei den Nationalratswahlen braucht einen Einfluß auf die Art der Beantwortung dieser Frage zu haben. Den beiden Großen ist hiedurch kein Zwang zu einem Zusammengehen mit der FPÖ auferlegt, solange sie auf andere Weisfe eine funktionierende Regierung bilden wollen.

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Eine Frage hängt in der Luft. Ihre Beantwortung durch ÖVP und SPD wird ziemlich dringend erwartet: Sind die beiden Parteien ■—jede für sich — willens oder nicht willens, eine Koalition mit der FPÖ nach den nächsten Nationalratswahlen einzugehen? Vorweg sei gesagt: Keiner der jüngsten lokalen oder regionalen Erfolge der FPÖ, ja nicht einmal ein solcher bei den Nationalratswahlen braucht einen Einfluß auf die Art der Beantwortung dieser Frage zu haben. Den beiden Großen ist hiedurch kein Zwang zu einem Zusammengehen mit der FPÖ auferlegt, solange sie auf andere Weisfe eine funktionierende Regierung bilden wollen.

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Doch davon ist im Augenblick nicht so sehr die Rede, als von der Qualifikation der FPÖ, eine österreichische Regierung mitzubilden. Und hier befinden wir uns in Österreich in der seltsamen Lage, zwei Parteien zu besitzen, die — auch wenn sie lokal oder regional repräsentative Qualifikationen erweisen können — sich von der Mitgestaltung der nationalen Politik des Landes disqualifiziert haben: KPÖ und FPÖ.

In der KPÖ überwiegt eine Ideologie und — wie sich auf der jüngsten Tagung ihres Zentralkomitees gezeigt hat — eine Mehrheit von Repräsentanten der Mitgliedschaft, welche die Treue zur Sowjetunion über diejenige zur Eigenständigkeit stellen. Wohl äußerte sich auf jener Tagung eine Minderheit von Reformern für Humanisierung, Demokratisierung und Ungebundenheit von der Sowjetpolitik. Die Orthodoxen blieben jedoch in der Mehrheit — nicht ganz zu Unrecht einwendend, was die Reformer erstrebten, sei Sozialdemokratismus, und dafür bedürfe es eigentlich keiner kommunistischen Partei. So hat sich denn auch in der letzten Zeit der Vorsitzende der SPÖ, Dr. Kreisky, entschieden gegen jederlei Anerkennung der kommunistischen Parteien als eines demokratischen Faktors — und so auch in Österreich — ausgesprochen.

Worauf wir aber warten, ist eine ähnliche Absage an die FPÖ — und zwar sowohl durch die SPÖ als auch durch die ÖVP.

Auch in der FPÖ — dies offenbarte sich auf deren Parteitag gegen Ende vorigen Jahres — überwiegt bei weitem eine Ideologie und eine Mehrheit von Anhängern sowie eine Führung, welche die nationale Eigenständigkeit Österreichs verneint und in Österreich noch immer den „zweiten deutschen Staat“ erblickt. Mehr noch: der Salzburg er Hauptredner und gewählte Landesrat der FPÖ, Leitner, nannte Österreich den (im Vergleich zur BRD) besseren deutschen Staat. Wohl gibt es in der FPÖ Menschen, welche für die Anerkennung dieses Faktums und dafür sind, daß die Partei den Deutschnationalismus endlich abschreibe und vom bisherigen Nationalliberalismus (immer schon ein Widerspruch in sich selbst) zu einem echten Liberalismus gelange. Der österreichischen Gesellschaft unserer Zeit entspringen in der Tat echte Erfordernisse • und Impulse für eine Kristallisation politischer, wirtschaftlicher und geistiger Freizügigkeit. Leider hielt es die überwiegende Mehrheit auf dem letzten Parteitag der FPÖ mit dem (deutsch-) nationalen Anliegen, und die Führung identifizierte sich vollständig damit. Ihr sagen Moeller van den Bruck und Alfred Rosenberg immer noch etwas, und ob sie John Stuart Mill überhaupt kennen, ist zu bezweifeln.

Angesichts dieser Lage könnte man annehmen, daß es den beiden großen Parteien nicht schwerfallen sollte, sich laut und entschieden gegen irgendeine Partnerschaft mit der FPÖ auszusprechen. Leider haben sie dessen seit Raab und Fiigl, Körner und Schärf ermangeln lassen. Noch weniger: Es wurden Handlungen gesetzt, die die FPÖ in jeder Hinsicht aufzuwerten geeignet sind.

Ein markanter Ausgangspunkt war hierfür die Einbeziehung der FPÖ in die Aktion der SPÖ gegen die Rückkehr Otto Habsburgs. So paradox dies manchem SP-Mitglied erscheinen mag, wurde gerade hierdurch eine schwere Sünde gegen den Geist der östereichischen Selbständigkeit begangen. Beruhten doch die Motive der FPÖ für ihre Gegnerschaft zu dam Habsburger auf einer Linie, die einen Höhepunkt in den wütenden Angriffen der Nazis gegen den Mann gefunden hatte, der es gewagt hatte, sich im März 1938 gegen den Anschluß auszusprechen. So hätte — was immer die SPÖ gegen ihn einzuwenden hatte — die FPÖ hierin kein Partner sein dürfen. Diese gemeinsame Aktion bewegte sich in einem Zuge mit der von der SPÖ ermöglichten Bestellung zweier FPÖ-Repräsentanten auf die Posten des Präsidenten des Rechnungshofes und des Gesandten beim Straßburger Europarat. Den inneren Rahmen aber bildete eine vielleicht nur taktisch gemeinte, aber unglückliche Annäherung an die FPÖ zwecks Vorbereitung einer möglichen kleinen Koalition.

In der Folge dieser Aufwertung der FPÖ fühlte sich die ÖVP — zu Unrecht — dazu legitimiert, die Stimmabgabe der FPÖ für die Wiederwahl des Landeshauptmanns von Oberösterreich, Gieißner, mit dem Posten eines Landesschulinspektors für den FPÖ-Bundesobmann Peter zu honorieren. Womit die Erziehung der oberösterreichischen Schuljugend einem zentralen fragwürdigen Einfluß überantwortet wurde.

All das mag heute trotz höchster Anfechtbarkeit als dem politischen Betrieb und „infighting“ entspringende heimische Kurzsichtigkeit abgeschrieben werden. Es hat solche mit für unser Land höchst fatalen Fernwirkungen in dessen früherer Geschichte gegeben.

Aber jetzt sind wir mit dieser Frage nach einer Partnerschaft mit der FPÖ wieder in die Nähe einer solchen femwirkenden Entscheidung gelangt. Daher muß heute schon von beiden Parteien, die den Staat und seine Selbständigkeit treigen, eine offene Antwort verlangt werden.

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