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Mehr Einfallsreichtum

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In der Nummer 20 1968 der „Furche“ setzte sich der Generalsekretär der Katholischen Aktion Wien, Friedrich Giglinger, mit einer Reihe von Einwänden gegen die ihm Rahmen der Synode der Erzdiözese Wien am 15. September 1968 für die Wiener Pfarren vorgeschriebenen Wahlen auseinander. Obwohl er in diesem Artikel die Notwendigkeit und Folgerichtigkeit der Durchführung von Wahlen begründete und auch manche Zweifel beseitigte, geistert noch immer eine Fülle von falschen Vorstellungen und Vorbehalten gegenüber den Wahlen umher. Die meisten Einwände wenden sich zwar gegen die Abhaltung von Wahlen überhaupt, wenn dies auch nicht ausgesprochen wird, hier soll jedoch vor allem ein Einwand herausgegriffen werden, der sich nicht so sehr grundsätzlich gegen die Wahlen wendet, als vielmehr gegen die geplante Art der Durchführung, das heißt gegen die vorliegende Wahlordnung.

Einwand: Es ist völlig undenkbar, daß auf die vorgesehene Art eine vernünftige Wahl zustande kommt, da das wählende Kirchenvolk in den großen Pfarren die Kandidaten gar nicht kennt und daher den vorgeschriebenen Wahlmodus (Ankreuzen der zu wählenden Kandidaten aus einer alphabethisch gereihten Liste von Kandidaten, die doppelt so viele Namen als zu wählende enthält) ad absurdum führen wird, . indem es entweder die am Beginn oder die in der Mitte oder die am Schluß gereihten Kandidaten herausstreichen wird; jedenfalls bleiben dadurch nicht die Würdigsten über. Man fragt daher, ob es nicht viel besser geive- sen wäre, vom Wahlkomitee der Pfarre eine fixe Liste von Kandidaten aufstellen zu lassen und allenfalls den Wählern das Recht zu geben, Namen zu streichen beziehungsweise neue Namen hinzuzufügen.

Dazu läßt sich einiges sagen:

• Diejenigen Personen, die die Wahlordnung erstellt und durch ihren Beschluß dem Bischof zui

Promulgation empfohlen haben, waren sich von Anfang an bewußt, daß es kein perfektes System geben kann, wenn man nicht den gesamten staatlichen Apparat, der bei Wahlen zum Einsatz kommt, ebenfalls einführen will (Wählerverzeichnisse, genaue Kontrollen, Kandidatenlisten verschiedener „Parteien“). Daran zu denken war aber aus technischen, finanziellen und praktischen Gründen unmöglich.

• Zum zweiten herrschte von Anfang an das Bestreben, eine echte Wahlmöglichkeit zu schaffen; das heißt, nur eine einzige Liste aufzustellen, die praktisch unverändert angenommen worden wäre, erschien als undemokratisch.

• Eine andere als alphabetische Reihung hätte das Wahlkomitee wieder nicht auf sich nehmen können, da durch eine Reihung der Kandidaten Zwistigkeiten in die Reihen der Kandidaten getragen würden, da sich die Letztgereihten leicht ausrechnen könnten, daß sie bei der Wahl nicht mehr zum Zug kämen — eine echte Wahl wäre dadurch nicht möglich gewesen bezie- . hungsweise bereits in. das Wahlkomitee verschoben worden.

Es blieb also nur die vorgeschlagene Form übrig, man hätte sich allerdings mehr Einfallsreichtum in den Pfarren erwarten können, was die Bekanntmachung der Kandidaten betrifft (das ist schließlich der Haupteinwand gegen die Wahlen).

Hier können nur einige Beispiele und Möglichkeiten dafür auf gezählt werden: Als selbstverständlich erweist sich wohl Name, Bild und Lebenslauf der Kandidaten, sobald als möglich im Pfarrblatt zu veröffentlichen.

Außerdem könnte man zu zwei bis drei verschiedenen Terminen Pfarrversammlungen abhalten, bei denen alle Kandidaten anwesend sind und auch kurze Erklärungen zur Synodenarbeit und. zu den Aufgaben der Pfarre in der Synodenarbeit abgeben. um so den Wählern einen Gesamteindruck ihrer Persönlichkeit,

den man aus Lebenslauf und Bild ja nicht gewinnen kann, zu geben.

Einen ähnlichen Vorgang könnte man auch bei den Gottesdiensten vornehmen: Es haben heuer in einer Reihe von Wiener Pfarren Maipredigten, die von Laien gehalten wurden, stattgefunden. Ist es nicht denkbar, ab dem Zeitpunkt, an dem die Kandidaten feststehen (Ende Juni) bis zum Wahltag an jedem Sonntag bei den verschiedenen Gottesdiensten den Kandidaten Gelegenheit zu geben, in kurzen Worten ihr Programm und damit auch ihre Persönlichkeit darzulegen, wobei diese Gelegenheit sicherlich mehrmals geboten werden müßte, um den Besuchern verschiedener Messen vorgestellt werden zu können? Reicht die Zahl der Messen nicht aus oder ist die Zahl der Kandidaten zu groß, können ja auch zwei Kandidaten kurz vor oder nach der Predigt oder vor Abschluß der Messe zu Wort kommen. Durch ein mehrmaliges Auftreten der Kandidaten überwindet man auch die Schwierigkeiten der Urlaubszeit (größere Teile der Pfarrbevölkerung sind je- weils auf Urlaub und besuchen daher den Gottesdienst nicht in der eigenen Pfarre).

Noch ein Vorschlag, der das Interesse an den Wahlen und an einer guten Auslese der Kandidaten beim Pfarrvolk steigern würde. Man soll den gewählten Mandataren der Pfarre auch echte Kompetenzen in der Pfarre übertragen. Es gibt eine Reihe von Bestrebungen zur Gründung von Pfarrgemeinderäten — gewählten Männern und Frauen, die mit dem Pfarrer die Pfarre leiten und bestimmte Befugnisse erhalten. Wenn man die für die Synode zu wählenden Mandatare schon jetzt mit einigen Befugnissen ausstattet, erhalten diese auch einen klaren Platz innerhalb der Leitung der Pfarre und werden ernstergenommen. als wenn sie bloß Wahlmänner für die Regionalkonferenzen darstellen. Was Not tut, ist ein wenig Einfallsreichtum!

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