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Wie zähmen wir die Manager?

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Bundesrat Dr. Christian Broda ist in den letzten Jahren immer stärker der Oeffentlichkeit bekanntgeworden als Repräsentant einer jüngeren sozialistischen Generation, die in Westeuropa und Amerika ihre Erfahrungen gesammelt hat und in kritischer Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und politischen Problemen unserer Zeit das Schwergewicht immer stärker auf zwei Momente legt: auf die Frage der Freiheit — Freiheit in einem Zeitalter der „Massen“ — und auf kulturpolitische Probleme im weitesten Sinn des Begriffs. Als Neffe des bekannten Staatsrechtlers Hans Kelsen, des langjährigen österreichischen Gesandten in Prag, Marek, und des Filmregisseurs G. W. Pabst verkörpert der Wiener Rechtsanwalt Dr. Christian Broda einen dynamischen, sehr aktiven Typ einer neuen Generation sozialistischer Politiker, die über die Grenzen ihrer Parteiheimat hinaus Interesse und Diskussion ihrer Gedanken verdient.„Die Furche“

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Bundesrat Dr. Christian Broda ist in den letzten Jahren immer stärker der Oeffentlichkeit bekanntgeworden als Repräsentant einer jüngeren sozialistischen Generation, die in Westeuropa und Amerika ihre Erfahrungen gesammelt hat und in kritischer Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und politischen Problemen unserer Zeit das Schwergewicht immer stärker auf zwei Momente legt: auf die Frage der Freiheit — Freiheit in einem Zeitalter der „Massen“ — und auf kulturpolitische Probleme im weitesten Sinn des Begriffs. Als Neffe des bekannten Staatsrechtlers Hans Kelsen, des langjährigen österreichischen Gesandten in Prag, Marek, und des Filmregisseurs G. W. Pabst verkörpert der Wiener Rechtsanwalt Dr. Christian Broda einen dynamischen, sehr aktiven Typ einer neuen Generation sozialistischer Politiker, die über die Grenzen ihrer Parteiheimat hinaus Interesse und Diskussion ihrer Gedanken verdient.„Die Furche“

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kärgliche Berücksichtigung im Terminkalender, und wenn überhaupt, lediglich am Wochenende.

Gewiß soll der Hang, mit der Ausübung der manageriellen Funktionen auch in der Lebenshaltung hervorzustechen, nicht unterschätzt werden. Die Spannung zwischen dem Einkommen in den unteren Rängen und dem Spitzenmanager ist sehr groß. In Ländern, m denen die Macht der Manager unumschränkt ist, werden sie auch auf Grund wirtschaftlicher Privilegien, die ihnen und ihren Familien eine ganz andere Lebenshaltung ermöglichen als dem Volk, zur „Neuen Klasse“.

Die Ausübung der Managerfunktion entwickelt und fördert zwingend autoritäre und sogar autokratische Tendenzen des Managers.

Das rauhe Klima des Managerzeitalters birgt viele Gefahren für die empfindliche und leicht verletzliche Blume der Demokratie. Managerismus und Demokratie schließen sich nicht grundsätzlich aus. Die Bezirke beider aufeinander abzustimmen, ist jedoch unumgänglich. Lebendiger Demokratie einen Wirkungskreis und Spielraum zu erhalten — trotz Mnnsgersuprematie — ist eine echte und große Aufgabe, die uns allen, ganz gleich wo wir stehen, gestellt ist.

An der Spitze allen Bemühens sollte das Zusammenwirken zur Ueberwindung der Managerideologie stehen. Der Manager übt, wie wir eingangs gezeigt haben, exekutive Funktionen aus, die auf ihn delegiert worden sind.

Gerade, der effektive. Manager ist allzusehr der Anfechtung ausgesetzt, sein Tun. schon für die Idee zu halten, die hinter jedem Tun stehen muß, soll sie nicht zum ideenlosen Praktizismus werden.

Die größte Gefahr droht dort, wo der Zweck zum Selbstzweck wird. Oder wie ein Zyniker glaubte sagen zu sollen:

Auch beim Rudern käme es nicht darauf an, welche Richtung gerudert wird, sondern nur darauf, daß gerudert wird.

In dem leidenschaftlichen Nein gegen diese Verirrung und Verwirrung der Anschauungen sollten sich über die Parteigrenzen jene vereinen, die an Werte glauben, die größer und wichtiger sind als die Dinge, die täglich getan werden.

Wenn — wie ein Vorschlag zum Entwurf für das neue sozialistische Parteiprogramm lautet — „Menschlichkeit und Menschenwürde, Gerechtigkeit und Toleranz als höchste Werte (in der Gesellschaft) gelten werden“, wird die erste und wichtigste Schranke gegen die Allmacht der Manager errichtet sein.

Der Manager muß wissen, daß er nur Diener an der Gemeinschaft und niemals Herrscher über sie sein kann. Seine Tätigkeit hat gesellschaftlichen Zwecken zu dienen. Sie darf nie zum Selbstzweck und zur Aktivität, um der Aktivität willen werden.

Je klarer das alles ausgesprochen wird, desto rascher werden die besten und fortschrittlichsten Manager, als gleichsam aufgeklärte Manager, sich den Geboten der Bescheidenheit und Selbstbescheidung gegenüber der Gesellschaft beugen.

Die Entscheidungen der Manager fallen in sehr kleinem Kreis. Die Tendenz in allen Zweigen der gesellschaftlichen Organisation, daß Immer weniger Menschen immer mehr entscheiden, ist stark.

Die Gesellschaft hat ein eminentes Interesse daran, die Kontrollinstanzen für die Lenkung der Aktivität der Manager auszubauen.

Das gilt in gleicher Weise für Staat und Wirtschaft wie für die politischen Parteien und Gewerkschaften.

Der Manager muß wissen, daß sich seine Tätigkeit — unter Eigenverantwortung und Entschlußfreiheit — im Rahmen eines funktionierenden Systems echter demokratischer Kontrolle vollzieht. Seihe Verantwortlichkeit gegenüber dieser Kontrolle wird dann aus der Formalität, die sie heute vielfach darstellt, zur Realität.

Die organisatorischen Voraussetzungen für die Ausübung dieser Kontrollfunktionen sind schon auf Grund der Bestimmungen der Bundesverfassung vorhanden, auch wenn uns klare Kompetenzabgrenzungen und Normen einer Wirtschaftsverfassung für die so grundlegend geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse noch fehlen.

Worauf es ankommen wird, ist, ob es uns gelingt, die parlamentarischen Kontrollinstanzen, Aufsichtsräte, Kontrollämter usw. mit echtem Leben und echter Aktivität zu erfüllen. Dort liegt auch die überragende Funktion einer auch von den Managern respektierten Pressefreiheit.

Zu all dem scheint mir eine Voraussetzung unentbehrlich.

Die Dynamik, die Aktivität und das Verantwortungsbewußtsein dürfen nicht nur die Wesensmerkmale der Manager bleiben, sondern müssen ebensosehr die Eigenschaften derer werden, die sich in den demokratischen Institutionen zur Verfügung stellen, wenn die Kontrolle über das Tun der Manager ausgeübt wird. Erst ein solcher Ausgleich zwischen Managerfunktion und Managerkontrolle wird gesunde gesellschaftliche Verhältnisse ermöglichen.

Die Zähmung der Manager ist nicht eine Aufgabe,' die von heute auf morgen oder jemals endgültig gelöst werden kann. Sie ist ein Problem, das die moderne Gesellschaftsentwicklung geschaffen hat und dessen Lösung eine gesellschaftliche Aufgabe geworden ist. Dieser Aufgabe wird sich keine gesellschaftliche Institution und insbesondere keine politische Partei entziehen können.

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