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Foregger kontra Streicher

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Erstaunlich, wie rasch sich nach dem monatelangen Durcheinander die Fronten in den letzten Tagen geklärt haben: wahrscheinlicher als jede andere Variante ist jetzt ein Bundespräsidentenwahlkampf Egmont Foregger kontra Rudolf Streicher.

Nicht das stark ausgekühlte Klima innerhalb des rotschwarzen Regierungsbündnisses hat in erster Linie einem gemeinsamen Kandidaten den Boden entzogen, sondern die neuerlichen Erfolge Jörg Haiders. Politischer Unisex der Großparteien hätte ihm neuen Stoff für die Argumentation geliefert: Die ÖVP ist kein Juniorpartner der SPÖ mehr, sondern fast schon ihre Filiale! Selbst wenn der gemeinsame Kandidat ein „Bürgerlicher" wäre, müßte dieses Argument der Volkspartei zusätzlich schaden. Die Zahl derer, die in der großen Koalition ein Selbstvernichtungsinstrument der ÖVP sehen, nimmt rasant zu.

Nun kommt ein fliegender Koalitionswechsel, also ein Partnertausch ohne Neuwahl, aus einer Reihe guter Gründe nicht in Frage. Deshalb muß die ÖVP sich so gut wie möglich innerhalb der Koalition freispielen. Die Schwierigkeit des Wie muß man sich im vollen Umfang vor Augen führen, wenn man (was zunehmend auch geschieht) das Lavieren Erhard Buseks in den letzten Wochen kritisch kommentieren will.

Einerseits übt sich der ÖVP-Obmann in der Rolle des Antreibers, liefert aber mit dem Hinweis auf Säumigkeiten des Seniorpartners der Koalition gleichzeitig jenen Kritikern neue Beweise, die diese ÖVP-Bindung für falsch halten: „Wozu große Koalition, wenn diese die ihr zugedachten großen Aufgaben nicht erfüllt?"

Als zweiten Befreiungsversuch faßt die ÖVP-Führung nun die Unterstützung einer erfolgreichen Präsidentschaftskandidatur ins Auge. Mit einem reinen Parteikandidaten schafft die ÖVP, das weiß sie wohl, keinen Sieg. Zusammen mit der FPÖ einen gemeinsamen Kandidaten aufzustellen, kann sich die ÖVP nicht leisten; zu sehr würde ein solches Vorgehen den Koalitionskomment verletzen. Aber wenn ein Komitee namhafter Persönlichkeiten ohne vordergründige Parteizugehörigkeit eine bestimmte Kandidatur empfiehlt, könnte die ÖVP vielleicht auf einen eigenen Bewerber verzichten und eine solche Bewerbung unterstützen. In Frage kommt dafür natürlich nur eine gleichfalls nicht parteigebundene „bürgerliche" Persönlichkeit. Der ehemalige Justizminister Egmont Foregger wäre eine solche.

Dagegen müßte die SPÖ einen starken Kandidaten aufbieten. Franz Vranitzky möchte liebend gern, doch ihn gibt die Partei nicht her. Zweitstärkster ist Rudolf Streicher. Gewinnt er, bat nicht nur die ÖVP, sondern auch die FPÖ verloren. Gewinnt Foregger, ist die ÖVP zwar nicht direkt, aber doch indirekt Mitgawinnerin. Für Österreich wäre eine solche Alternative das Schlimmste nicht.

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