Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Koalitionsvarianten
Der Ausgang der Landtagswahlen in Kärnten hat eine schwarz-blaue Koalition auf Landes- und in weiterer Folge auch auf Bundesebene möglich, wenn auch noch keineswegs wahrscheinlich gemacht. Doch wer hätte vor den Wahlen in Berlin eine rot-alternative Koalition, wie sie nun tatsächlich zustande gekommen ist, für wahrscheinlich gehalten?
Die Situation in Berlin und in Kärnten ist trotz unleugbarer Verschiedenheiten doch insofern vergleichbar, als in beiden Fällen Koalitionen links beziehungsweise rechts von der Mitte in greifbare Nähe gerückt sind.
Diese Möglichkeit geht in Berlin wie in Kärnten auf Entscheidungen und Weichenstellungen zurück, die auf höherer politischer Ebene, in der Bundesrepublik und in Österreich, getroffen wurden und sich jetzt auf die einzelnen Bundesländer auszuwirken beginnen. Die Großparteien hätten es in der Bundesrepublik wie in Österreich in der Hand gehabt, die Bildung solcher Koalitionen zu verhindern oder doch zu erschweren, wenn sie das Mehrheitswahlrecht eingeführt hätten, das eigentlich im Regierungsprogramm der großen Koalition in der BRD vorgesehen war, aber daran scheiterte, daß die SPD in die kleine Koalition mit der FDP absprang, die auch zum Vorbild der Kreiskyschen Aufwertung der FPO und der ihr folgenden rot-blauen Koalition wurde.
Die Großparteien haben es aber auch in der gegenwärtigen Situation des Vielparteiensystems noch in der Hand, durch eine große Koalition dem Ausscheren nach rechts oder links einen Riegel vorzuschieben, vorausgesetzt, daß die verantwortungsbewußten Kräfte in beiden Parteien, die das Staatswohl über Parteiinteressen stellen, stark genug sind.
Grundsätzlich aber ist, nachdem man sich einmal auf kleine Koalitionen eingelassen und sie umfassenderen Lösungen vorgezogen hat, keine Möglichkeit mehr auszuschließen. Eine solche Ausschließung kann auf lange Sicht ebensowenig funktionieren wie die der FPO gegenüber versuchte Operation der Ausgrenzung.
Wieder einmal bewahrheitet sich die alte Erkenntnis, daß man Geister, die man zur Erreichung bestimmter Ziele gerufen hat, nicht wieder abberufen kann, wenn sie nicht, mehr den Zielen dienen, derentwillen sie ursprünglich geweckt und gehegt wurden.
Politische Kräfte lassen sich nicht auf die Dauer instrumentalisieren und den eigenen Vorstellungen
dienstbar machen, sondern emanzipieren sich wie Kinder und Ideen von ihren historischen Erzeugern und Manipulatoren.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!