6912041-1981_12_14.jpg
Digital In Arbeit

Kontrolle -Funktion der kleinen Partei

Werbung
Werbung
Werbung

Die Funktion kleiner Parteien in der Demokratie wird, wenn es nicht gerade um Spekulationen Uber künftige Koalitionen in Vorwahlzeiten geht, oft unterschätzt. Am ehesten scheint man bereit zu sein, uns Freiheitlichen sowohl im Bund als auch in den Ländern eine Kontrollfunktion zuzugestehen.

Daraus erklärt sich, daß heute nicht nur der Präsident des Rechnungshofes, sondern auch die Vorsitzenden der KontrollausschUsse in fünf österreichischen Bundesländern, darunter in Wien, aus den Reihen der FPÖ kommen. Auch der Vorsitz wichtiger Untersuchungsausschüsse, sowohl im Nationalrat als auch in den Landtagen, wird immer wieder Freiheitlichen übertragen.

Als am Höhepunkt des AKH-Deba- kels im vorigen Sommer die Idee einer begleitenden Kontrolle für dieses Milli- arden-Bauwerk geboren wurde, wußten auch SPÖ und ÖVP für die Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe keinen Kandidaten mit größerer Autorität als unseren ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Kandutsch zu nennen.

In unserer Arbeit flir Wien hat die Kontrolle aller Bereiche der Stadtverwaltung einen besonderen Stellenwert.

Es waren Initiativen unserer Fraktion, die ganz maßgeblich zu einer Klärung des AKH-Skandales beigetragen haben und vor zwei Jahren wurde auch durch unseren Antrag die Kontrolle der Vergabe der Betriebsorganisationsplanung für das AKH eingeleitet. Weitere Prüfanträge gab es betreffend die AKH- Firma Med-Consult, die Firmengruppe Prutscher und schließlich die neue Müllfabrik, die ebenfalls von der Prut- scher-Firma Rinter AG errichtet wird. Dieser ununterbrochene Kampf um eine saubere Verwaltung wird heute weithin anerkannt!

Unsere Aufgabenstellung im Wiener Rathaus geht aber über diese unerläßliche Kontrollarbeit weit hinaus. Wir sind in vielen Bereichen der Planung, des Wohnbaues, der Sozial- und Kulturarbeit Ideenbringer, wobei wir auf unser freiheitliches Kommunalprogramm „Bürger im Mittelpunkt“ aufbauen können. Immer wieder fällt uns aber im Wiener Rathaus die Aufgabe zu, auch manchmal Gewissen der beiden größeren Parteien zu sein, die unter dem Druck mächtiger Interessengruppen zeitweise sehr stark bereit sind, die machtvoll verkündeten eigenen Programmgrundsätze zu vergessen.

So dürfte es für eine sozialdemokratische Arbeitnehmerpartei eigentlich keine Frage sein, Spielautomaten in Wien nach ihrem tatsächlichen Umsatz, der oft in die Hunderttausende geht, zu besteuern. Zur selben Zeit, als die Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezuges, ja sogar der Sozialversicherungsbeiträge bis auf den letzten Groschen diskutiert wird, kämpft der SP-Finanzstadtrat dafür, die Vergnügungssteuer für die Spielautomaten weiter zu pauschalieren.

Die Wiener ÖVP hat in den letzten Jahren mit beachtlichem Aufwand versucht, sich als „Grüne“ Partei zu profilieren. Als sie vor einigen Monaten zum ersten Mal wirklich die Möglichkeit hatte, die Weichen zu stellen, daß in einem an Grünflächen ganz armen Stadt

bezirk ein Park errichtet werden kann, hat sie auf Grünpolitik und Umweltschutz vergessen. Die unter Führung des Wiener ÖVP-Bundesrates Sommer stehende Bundeskrankenkasse wird auf lern für eine Erholungsfläche wie geschaffenen, baumbestandenen Areal in der Josefstädter Straße eine neue Tintenburg aus Krankenkassenbeiträgen errichten.

Unerträglich für jeden Bürger, dem persönliche Freiheit etwas bedeutet, ist die Parteibuchwirtschaft bei der Besetzung wichtiger Führungsposten im öffentlichen Bereich, bei der Bestellung von Primarärzten und auf dem Schulsektor. Im Wiener Stadtschulrat dauert die große Koalition heute noch an. Leitende Posten im Schuldienst werden

nach wie vor im Proporz zwischen SPÖ und ÖVP vergeben. Erstklassig qualifizierte unabhängige Bewerber werden brutal zur Seite geschoben.

Gerade diese Praxis nimmt den beiden großen Parteien das Recht, sich liberal zu nennen. Mit einigen Freimaurern auf den Kandidatenlisten hüben wie drüben ist man noch lange nicht liberal. Für SPÖ und ÖVP sind die Menschen der liberalen Mitte offensichtlich nur willkommene Zuwaage zur Sicherung oder Erlangung der Mehrheit. Für uns ist der freie Bürger und sein Anspruch auf Entfaltung ein zentrales Anliegen.

Der Autor ist Klubobmann der freiheitlichen Abgeordneten im Wiener Landtag und Vorsitzender des Wiener Kontrollausschusses.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung