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Kopfständig

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Georg Kern, 1938 in der Lausitz geboren, setzte sich schon als Neunzehnjähriger in den Westen ab, nachdem man ihm imOsten „gesellschaftspolitische Unreife" attestiert hatte. Baselitz, wie er sich nach seinem Geburtsort bald darauf nannte, ist heute längst als einer der bedeutend-

sten zeitgenössischen Künstler Deutschlands anerkannt. In den frühen sechziger Jahren sorgte er als Pornoschocker für einigen Wirbel. Was ihn aber vor allem bekannt gemacht hat, ist die seit nahezu einem Vierteljahrhundert konsequent durchgehaltene Kopfständigkeit seiner Motive.

Als letzte Station einer Tournee durch mehrere Staaten Europas zeigt derzeit das Museum moderner Kunst in Passau eine repräsentative Auswahl seiner Druckgraphik: 137 Blätter, die zwischen 1963 und 1991 entstanden, in der Hauptsache Holzschnitte und Radierungen. Da Baselitz viele seiner Ideen zugleich als Gemälde und druckgraphische Arbeiten realisierte, läßt sich seine künstlerische Entwicklung lückenlos an diesen Beispielen ablesen. Da sind die expressiven Bilder der Frühzeit. Da ist die künstlerische Krise: Seine Welt explodiert im „Paranoiamarsch", in rascher Folge entstehen die Frakturbilder. Und dann stellt er das erstemal die Welt auf den Kopf: Der Hochstein spiegelt sich im Himmel. Auf der Druckplatte steht: 3. 12. 67. Seinen Menschen und Tieren, seinen Bäumen und Bergen ist er treu geblieben. Um sie nicht zu verlieren, hat er sie um 180 Grad gedreht. (Bis 20. September)

Gottfried Reichart

In der Georg Baselitz gewidmeten „Retrospektive 1964-1991" im Museum modemer Kunst in Wien werden zwei Schwerpunkte gesetzt. Die sogenannten Heldenbilder aus den sechziger Jahren und das farbenintensive Werk der späteren Jahre. Besonders bemerkenswert sind während der sechziger Jahre Ähnlichkeiten mit Bildvorstellungen von Maria Lass-nig. Dabei hat Lassnig ihre eigene Befindlichkeit so radikal ins Zentrum ihrer Arbeit gerückt, daß solche Parallelen umso verblüffender sind.

Die Heldenbilder sind Anklänge an klassisch zu nennende Posen und Haltungen, erscheinen daher immer wieder vertraut, doch sind die erreichten Lösungen klare Ergebnisse einer Neuinterpretation. Ergänzt wird die Retrospektive durch eine Reihe von Holzskulpturen, in denen das Wechselspiel zwischen Malerei, Zeichnung und bildhauerischem Werk zu studieren ist. (Bis 13. September)

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