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Mit uns die neue Zeit ?

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Wer vorige Woche am SPÖ-Parteirat in der Erwartung teilgenommen hat, zumindest einige Anhaltspunkte dafür zu finden, wie sich denn die SPÖ die Bewältigung der zukünftigen Probleme vorstellt, mit welchen Perspektiven sie sich dem Jahr 2000 nähern will, der ist enttäuscht wieder nach Hause gefahren.

Das Referat des Bundespartei-vorsitzenden war im wesentlichen darauf konzentriert, die bisher verfolgte Politik und insbesondere auch die Regierungsumbildung zu erklären und zu rechtfertigen. Er kam dadurch einem spürbaren Bedürfnis der Delegierten nach, die nach den Verkrampfungen der letzten Monate nun das Gefühl haben konnten, daß die SPÖ wieder Tritt gefaßt hat.

Mit welchen Mitteln dies erreicht wurde, stand nicht mehr in Diskussion. Spürbar auch die Erleichterung darüber, daß dies auch von den Jugenddelegierten nicht angesprochen wurde. Die verweigerten sich diesmal der ihnen zugedachten Rolle, wegen ihrer Kritik an einer ohnehin nicht mehr änderbaren Entscheidung zum billigen Demonstrationsobjekt der „neuen Stärke" des Parteivorsitzenden zu werden.

War dieser Parteirat also im wesentlichen wegen seiner psychologischen Wirkung wichtig, ist damit nur eine der Voraussetzungen für eine erfolgreiche Erarbeitung der „Perspektiven 90" geschaffen worden. Wenig optimistisch stimmen da schon die auch beim Parteirat gezeigte geringe Diskussionsfreudigkeit und die sehr spärlichen Vorgaben an die künftigen Inhalte der Politik der SPÖ.

Von einem Schritt zur Mitte, einer Veränderung hin zu einer Volkspartei war da die Rede. Die SPÖ hätte ihre Visionen schon erfüllt, die Klassengesellschaft sei bereits überwunden. Es gehe jetzt nur mehr darum, das Erreichte zu sichern und es vor der Demontage durch die Konservativen zu bewahren, indem man halt selber ein bißchen konservativer wird und damit den angeblich allgemeinen Trend nach rechts austariert.

Diese Selbsteinschätzungen sind zwar insofern nicht aufsehenerregend, da sie sehr wohl die schon seit längerem verfolgte Politik zutreffend kennzeichnen, andererseits versprechen sie noch lange kein erfolgversprechendes Programm für die Zukunft.

Nicht nur, daß dadurch die Gefahr heraufbeschworen wird, als Prinzipien- und standpunktlose Partei im Einheitsbrei der etablierten, lediglich nach Macht strebenden Politik zu ertrinken und schließlich gegen die glaubwürdigeren Konservativen ausgetauscht zu werden.

Die gegenwärtige ökonomische Situation verlangt mehr denn je eine klare Parteinahme für alle jene, die noch immer oder schon wieder zu den Unterprivilegierten und Benachteiligten zählen.

In einer Zeit, in der die Verteilungskämpfe aufgrund der verschlechterten wirtschaftlichen Situation härter werden, muß eine sozialdemokratische Partei Flagge zeigen. Sie kann sich den Stärkeren nur um den Preis der Vernachlässigung ihrer traditionellen Wählerschichten anbiedern. Die Ergebnisse der letzten Wahlen, insbesondere der Arbeiterkammerwahlen, haben offensichtlich nicht zu denken gegeben.

Wenn die bundesdeutschen Sozialdemokraten nach Jahren einer Politik der Mitte und der danach folgenden Ablöse durch die Konservativen den Schluß ziehen mußten, daß die Zukunft der sozialdemokratischen Parteien in der „Arbeit der Zuspitzung" (Peter Glotz) liegt, dann scheint sich das bis in die Führungsspitze der SPÖ noch nicht herumgesprochen zu haben.

Nicht nur der von der SPÖ proklamierte Schritt in die Mitte weist auf eine „Amerikanisierung" der österreichischen Parteienlandschaft hin, sondern auch so manche der personalpolitischen Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit.

Hat sich die SPÖ vor nicht allzu langer Zeit noch gewehrt, von den Medien einen Nationalratskandidaten namens Josef Cap aufgedrängt zu bekommen (und ihn nur nach einer erfolgreichen Vorzugsstimmenkampagne widerwillig akzeptiert), ist sie jetzt endgültig über die Klinge der Medio-kratie gesprungen.

Entscheidungen, längst vorher von den Medien getroffen, wurden nur mehr innerparteilich nachvollzogen. Wie sich dies alles auf die Identität und das Selbstbewußtsein der Partei auswirkt, bleibt abzuwarten.

An den jüngeren und an all jenen in der Partei, die dem nun eingeschlagenen Weg kritisch gegenüberstehen, wird es liegen, sich nicht in die Sprachlosigkeit und Verbitterung drängen zu lassen, in der uns die Mächtigen dieser Partei gerne hätten.

Wir müssen die angesagte Diskussion zu den „Perspektiven 90" dazu nutzen, die SPÖ wieder auf einen ihrem Programm und ihrer Geschichte entsprechenden Kurs zu bringen.

Die Autorin ist Universitätsassistentin und Vorsitzende der Jungen Generation der SPÖ.

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