Keine neuen Gräben aufreißen

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Von diplomatischer "Schadensbegrenzung" bis zu neuem Anlauf beim Gespräch der Religionen: In Castel Gandolfo traf Benedikt XVI. muslimische Vertreter. In Wien kamen Muslime und Christen zu einem "Tag des Dialogs" zusammen.

Höhepunkt der diplomatischen Bemühungen des Vatikans zur Beilegung der Turbulenzen nach Benedikts XVI. Regensburger Vorlesung war letzten Montag die Begegnung des Papstes mit Muslimen in Castel Gandolfo. Benedikt XVI. rief darin zum Dialog zwischen den Religionen und gegen Gewalt auf. Vom Gespräch zwischen Christen und Muslimen hänge "zum großen Teil unsere Zukunft ab", sagte der Papst vor rund 40 diplomatischen und religiösen Vertretern. Die Glaubensgemeinschaften müssten gemeinsam gegen jede Form der Intoleranz arbeiten und sich jeder Manifestation von Gewalt entgegenstellen, betonte der Papst. Er stelle sich entschieden hinter das II. Vatikanum und seine Erklärung "Nostra aetate" über die nichtchristlichen Religionen. Dort ist von der Wertschätzung des islamischen Glaubens die Rede.

Zugleich rief der Papst die religiösen Autoritäten und politisch Verantwortlichen auf, die Gläubigen zu einem friedlichen Handeln anzuleiten. Entsprechend ihrer jeweiligen Tradition müssten Christen und Muslime lernen, sich gemeinsam gegen Intoleranz und Gewalt einzusetzen. In einer von Relativismus gekennzeichneten Welt sei der Dialog zwischen Religionen und Kulturen absolut notwendig, so der Papst. Dieser Dialog müsse auf einer gründlichen gegenseitigen Kenntnis gründen, "die mit Freude die gemeinsamen religiösen Werte erkennt und mit Aufrichtigkeit die Unterschiede zur Kenntnis nimmt und respektiert".

"Tag des Dialogs" in Wien

Einige muslimische Geistliche hatten weltweit den vergangenen Freitag zum "Tag des friedlichen Zorns" gegen die Papstrede ausgerufen. In Wien veranstaltete die Plattform Christen und Muslime auf dem Josefsplatz dem entgegen einen "Tag des Dialogs", an dem der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl ebenso teilnahm wie der Wiener evangelische Superintendent Hansjörg Lein. Krätzl dankte dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, dass er die Initiative zum Tag des Dialogs ergriffen habe. Die Veranstaltung zeige, dass die Religionen in Österreich dialogfähig sind. Er sei zuversichtlich, dass man die Irritationen ausräumen könne, hob Krätzl hervor.

Im Wissen, dass es Unterschiede zwischen den Religionen gebe, wolle man in guter Nachbarschaft leben, sagte Schakfeh: "Wir leben in einer pluralistischen Zeit, die uns alle verträgt." Der Islam rechtfertige niemals Gewalt, um religiöse Überzeugungen durchzusetzen. Die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich, Luitgard Derschmidt, sprach sich gegen jede Polarisierung aus. Es gelte jene Kräfte zu stärken, die sich für Gespräch und Verständigung einsetzen. Entschieden wandte sich Derschmidt gegen Instrumentalisierung der Religion für Ausländerfeindlichkeit im Wahlkampf.

Für die Plattform Christen und Muslime forderten Peter Pawlowsky, Paul Schulmeister, Furche-Herausgeber Heinz Nußbaumer und die IGGiÖ-Pressesprecherin Amina Baghajati, den Weg des Dialogs der Religionen nicht zu verlassen: Dialog sei die einzige Alternative zum Konflikt, so Schulmeister, der sich ebenfalls strikt gegen jeden Missbrauch der Religion im Wahlkampf für die Nationalratswahlen aussprach. Baghajati berichtete von vielen Anrufen und E-Mails besorgter Muslime, die um das versöhnliche Klima in Österreich fürchteten, wenn sie Wahlplakate mit dem Slogan "Daham statt Islam" lesen. Auch Nußbaumer kritisierte Missbrauch der Religion im Wahlkampf. Die Veranstaltung auf dem Wiener Josefsplatz hatte Volksfest-Charakter. Muslimische Frauen verteilten an Passanten Rosen und mitgebrachte Bäckereien.ofri/KAP

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