"Wir spielen doch permanent eine Rolle"

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In ihrem neuen Buch "Performance Coaching" nimmt Kommunikationsberaterin Jenny Simanowitz berufliche Rollen-und Statusspiele unter die Lupe. Über Hoch-und Tiefstapler und das Erfolgsrezept Humor.

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In ihrem neuen Buch "Performance Coaching" nimmt Kommunikationsberaterin Jenny Simanowitz berufliche Rollen-und Statusspiele unter die Lupe. Über Hoch-und Tiefstapler und das Erfolgsrezept Humor.

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Seit über 30 Jahren widmet sich die Wahl-Wienerin Jenny Simanowitz der Kommunikation. Nach Stationen als Dramatherapeutin und Lehrerin berät die Mitbegründerin des "Centre for Positive Psychology" Firmen und Organisationen.

Die Furche: Der Jobdruck ist so hoch wie nie. Da plädieren Sie für "Management by Fun"? Jenny Simanowitz: Gerade im oft starren Gefüge von Unternehmen ist Humor wichtig, damit sich die Individuen in ihrer Rolle wohl fühlen, kreativ werden und etwas leis-ten können. Humor kann den Schmerz lindern und zu einer anderen Haltung, zu neuen Lösungen verhelfen. In den USA ist der "Fun-Berater" längst ein anerkannter Beruf.

Die Furche: In Ihrem neuen Buch "Performance Coaching" beschäftigen Sie sich mit Statusmustern im Job. Was können wir von Ihren Rollenspielen lernen?

Simanowitz: Das überspitzte, oft sehr witzige Rollenspiel hilft, das eigene Verhalten genauer zu erkennen und Handlungsalternativen auszumachen. Jeder von uns steckt immer in einer Rolle -bewusst oder unbewusst. In manche wird man gezwängt, in manche schlüpft man selbst immer wieder automatisch. Wir probieren neue Redewendungen, eine andere Körpersprache oder einen anderen Tonfall. Das hat nichts mit Masken zu tun: Je mehr wir uns unserer Rollen bewusst sind, desto freier und echter agieren wir. Dann leiden wir nicht mehr unter dem Zwang, eine unpassende Rolle spielen zu müssen, nur weil wir glauben, dass sie Erfolg und Anerkennung einbringt.

Die Furche: Können Sie ein Beispiel geben?

Simanowitz: Etwa die Assistentin, die meint, immer lächeln zu müssen. Sie macht es, weil sie glaubt, dass ihr Chef das erwartet, oder, weil sie verinnerlicht hat, dass eine gute Untergebene immer freundlich schaut. Durch spielerische Übungen kann sie ihr Rollenrepertoire erweitern und in der Situation freier entscheiden: Ich mache es -oder auch nicht, weil es mein Rollenverständnis kompromittiert oder mit meinem Wesen nicht übereinstimmt. Es geht darum, selbst bestimmen zu können: Wann ist es gut, aus der Reihe zu tanzen, wann nicht? Nur rebellieren ist auch kein Weg zum Erfolg.

Die Furche: Sie sprechen von "Hochstatusspieler versus Tiefstatusspieler". Welches Verhalten empfehlen Sie?

Simanowitz: Wie man sitzt, die Stimmlage oder Handbewegungen können den Status erhöhen oder abwerten. Sie müssen nur Politiker beobachten. Dabei ist weder Hochstatus- noch Tiefstatusspielen gut oder schlecht. Entscheidend ist, welches Verhalten für die eigene Rolle passt. Manche spielen ständig im Hochstatus und drängen andere in die Rolle des Tiefstatusspielers. Die wehren sich dann oft, indem sie sich unkooperativ verhalten. Frauen neigen noch immer zum Tiefstapeln: Kaum müssen sie etwas präsentieren, wird ihre Stimme leise. Ständiges Tiefstapeln aber erzeugt Minderwertigkeitsgefühle, manchmal Aggressionen bis hin zum viel zitierten Zickenkrieg.

Die Furche: Wie kann Frau aus dieser Tiefstapel-Rolle herauskommen?

Simanowitz: Für Frauen ist es oft ein Tabu, positiv über sich zu reden. In meinen Seminaren dürfen sie einen Tag lang so tun, als wären sie von sich selbst überzeugt. Ganz nach dem Motto: "Fake it till you make it!"

Die Furche: Warum gibt es noch immer so wenige Frauen in Führungspositionen?

Simanowitz: In vielen Chefetagen herrscht eine Männerkultur. Die Vorstellung, sich daran anzupassen, hält viele Frauen davon ab, Top-Positionen anzustreben. Tun sie es doch, müssen sie sich eine Performance aneignen, die in diese Kultur passt. Die Furche: Wie kann das funktionieren?

Simanowitz: Ich glaube, dass jede Frau ihre eigene Methode entwickeln muss und gehe mit den Frauen konkrete Situationen durch: Wie kann ich reagieren, wenn mich mein Chef dauernd unterbricht? Wie soll ich mich anziehen? Zwei Dinge aber muss jede Frau lernen: Erstens, dass sie sich nicht vor Konflikten scheut. Frauen sind noch nicht sehr gut darin, Konflikte direkt auszutragen. Zweitens, dass sie nichts persönlich nimmt.

Die Furche: Ist das Rollenverständnis Ihrer Studierenden bereits ein anderes?

Simanowitz: Ich merke, dass sich junge Frauen mehr trauen. Aber wenn sich die ökonomischen Verhältnisse nicht ändern, kann und wird es keine Veränderung geben.

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