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ALBIN LESKY HUMANISMUS ALS ERBE UND AUFGABE

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„In der Nachfolge der Antike zur Selbstabschnürung vom tätigen Leben zu gelangen, heißt ihre Lehre in das Gegenteil verkehren.“ Dieser programmatische Satz Alb in Lesky s kennzeichnet zum guten Teil das reiche Lebenswerk des hervorragenden Graecisten, der am 7. Juli sein 70. Lebensjahr vollendet. In Graz geboren, studierte er vorwiegend in seiner Vaterstadt Klassische Philologie und Archäologie. Schon vier Jahre nach der Promotion folgte 1924 die Habilitation in Klassischer Philologie mit einer Untersuchung über den Alkestis-Stoff in Mythos und Drama. 1932 zum a. o. Professor in Wien ernannt, wurde Albin Lesky 1936 als Ordinarius nach Innsbruck berufen; seit 1949 lehrt er in Wien.

Ein besonderes Forschungsgebiet des Jubilars ist die griechische Tragödie, der er zwei Werke gewidmet hat, die „Griechische Tragödie“ (1938) und die „Tragische Dichtung der Hellenen“ (1956). In „Thalatta“ (1947) brachte er eine Darstellung des Verhältnisses der Griechen zu Meer und Seefahrt von den epischen Zeiten bis zum Hellenismus. Auch der Spätzeit der griechischen Literatur galt sein Inter esse; eine Frucht stellt die Übersetzung der erotischen Briefe des Aristairietos (4. Jahrhundert n. Chr.) dar. Das ausgebreitetste und wohl bedeutendste Werk ist aber die erstmals 1957 erschienene „Geschichte der griechischen Literatur“ mit ihrer willkommenen Mittlerstellung zwischen Abriß und mehrbändigem Nachschlagwerk. Schließlich werden zahlreiche wichtige Einzelabhandlungen der letzten Jahrzehnte in den gesammelten Schriften des Jubilars vereint sein.

Wissenschaftliche Ehrungen sind Albin Lesky in reichem Maße zuteil geworden, so die Mitgliedschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (deren Vizepräsident er seit 1963 ist), die Ernennung zum korr. Mitglied der Bayrischen und der Heidelberger Akademie, die Ehrenmitgliedschaft der Königlich Irischen Akademie und andere mehr. Die Universität Innsbruck verlieh ihm den Dr. phil. h. c., die Wiener Univer sität wählte ihn zum Rektor des Studienjahres 1963 64.

Keineswegs die letzte Stelle im Schaffen Albin Leskys nimmt die Kulturkritik ein. Noch in der chaotischen Nachkriegszeit hat er in zwei grundsätzlichen Schriften die Aufgabe unternommen, das Verhältnis zur Antike auf eine angemessene und zeitgemäße Grundlage zu stellen. Absage an den einseitigen Neuhumanismus vom Schlage eines Winckelmann, Goethe oder Humboldt, an Religionsersatz und geistige Exklusivität, dagegen aber Aufruf zu immer erneuter fruchtbarer Auseinandersetzung der Gegenwart mit dem niemals abgekapselten Besitzstand der Antike: diese

Kemsätze gelten heute wie vor zwei Jahrzehnten. „Das alte Ideal lateinischer Eloquenz gehört für uns längst zum verstaubten Gerümpel, die Forderung aber, die Sprache aufs neue als Grundlage für alles geistige Menschsein zu erleben, steht vor uns mit unmittelbarer Gewalt.“

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