7086950-1994_17_13.jpg
Digital In Arbeit

Auch Wahlerfolg ist nicht häuf lieh

19451960198020002020

Aus Angst vor Niederlagen buttern die Parteien immer mehr Geld in Werbekampagnen - sehr zur Freude ihrer Werbeagenturen.

19451960198020002020

Aus Angst vor Niederlagen buttern die Parteien immer mehr Geld in Werbekampagnen - sehr zur Freude ihrer Werbeagenturen.

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Partei, die mehr als 100 Millionen Schilhng für ihre Wahlwerbung ausgibt, verliert drei Mandate (nämlich die ÖVP). Eine andere Partei, der bloß drei Millionen Schilling zur Verfügung stehen, gewinnt drei Mandate. - Das Beispiel der niederösterreichischen Landtagswahl vom Mai 1993 läßt den vordergründig logischen, aber doch sehr voreiligen Schluß zu, daß Wahlwerbung nicht sehr sinnvoll ist.

Dabei bleibt natürlich die Frage unbeantwortet, wie die niederösterreichische Volkspartei ohne oder mit geringerem Werbeinsatz abgeschnitten hätte - beziehungsweise das Liberale Forum, wären ihm die Mittel der ÖVP zur Verfügung gestanden.

Hilfreicher ist da schon der Blick auf andere Wahlen, etwa - um ein besonders plakatives Beispiel zu nennen - jene in Italien vom 27. März. Dort hat es eine neue Partei, die „Forza Italia" zustande gebracht, beim ersten Antreten die stärkste Kraft zu werden. Und es ist bei allen E,xperten völlig unbestritten, daß dieses „Wunder" nur durch perfekte Wahlwerbung möglich gemacht wurde. Wobei die Tatsache, daß der .

Chef der „Forza Italia", Silvio Berlusconi, Eigentümer zahlreicher Medienunternehmungen ist, natürlich hilfreich war. Er und seine Mitarbeiter haben auf exemplarische Weise gezeigt, daß eine durchdachte Wahlwerbung, der genau kalkulierte Einsatz des Spitzenpolitikers, die haarscharf auf die Bedürfnisse und die Mentalität der Menschen zielenden Versprechungen zum Erfolg führen können.

Ahnliches, wenngleich in nicht so auffälliger Weise, läßt sich aus zahlreichen anderen Wahlkampagnen -etwa die Bill-Clinton-Kampagne in den USA - herauslesen. Also: Wahlwerbung muß sein, ohne sie geht es nicht. Hinterfragt muß freilich werden, ob die Wahlwerbung so aufwendig sein muß, wie sie speziell bei den jeweils führenden Parteien, die natürlich am meisten zu verlieren haben, häufig ist. Dabei ist ein interessantes Phänomen zu beobachten: Wenn eine Partei aufgrund von Meinungsumfragen spürt, daß sie ihr Wahlziel nicht erreichen wird, werden Funktionäre und Wahlkampfmanager nervös und meinen, durch verstärkten Werbeeinsatz das Steuer noch herumreißen zu können. Eine Praktik, die auch in der Wirtschaftswerbung häufig angewendet wird. Was jedoch in der Politik noch viel stärker zum Tragen kommt, ist die Tatsache, daß, wenn das Produkt nicht stimmt, die beste Werbung nicht viel ausrichten kann.

Dank der intensivierten Wahlwerbung hat das Parteisekretariat zumindest die Gewißheit, sagen zu können, man habe ohnehin alles versucht. Und die mit der Kampagne betraute Werbeagentur wird sich wohl kaum dem Wunsch nach vermehrter Werbeaktivität, die ja Geld bringt, verschließen BEISPIEL NIEDERÖSTERREICH

Aus dem bereits erwähnten Wahlkampf in Niederösterreich kann man durchaus den Schluß ziehen, daß allzu aufwendige Werbung letztendlich nicht viel bringt, sondern sogar den gegenteiligen Effekt erzielen kann. Bei einer allzu großen Überflutung mit Plakaten, Broschüren oder Briefen wird der Wähler mißtrauisch. Er fragt sich, ob dieser „överkill" Schwächen der Partei zu vertuschen versucht. „Eine ordentliche Partei braucht keine Werbeagentur", formulierte etwa der Werbefachmann Edi Keck. Das ist zwar übertrieben, gibt aber die Stimmung wieder, welche die Wähler angesichts des werbemäßigen „Zuviel des Guten" nur allzu oft befällt.

Einen in Österreich traditionell hohen Stellenwert hat die Plakatwerbung, was sich auch bei der niederösterreichischen Landtagswahl widerspiegelte: Die niederösterreichische Volkspartei verwendete 14 verschiedene Sujets, die entweder den Spitzenkandidaten in verschiedenen Lebenslagen präsentierten oder einfach Emotionen zu transportieren versuchten. Auf Inhalte wurde kaum Wert gelegt. Im Gegensatz stand bei der SPÖ die inhaltliche Kampagne im Mittelpunkt der Plakatwerbung. Die FPÖ wiederum versuchte, Programm- und Perso-nenwahlkampf auf einem einzigen Plakat zu vereinen, obligatorisch bei allen Parteien waren Info-Broschüren, Inąeraten-Kampagnen in den Printmedien sowie Kleinwerbemittel - Stickers, Buttons, Kugelschreiber, Luftballons et cetera.

Kinospots wurden hingegen nur von den Freiheitlichen und von der Volkspartei eingesetzt. Letztere bewarb ihren Spitzenkandidaten Erwin Pröll via Tonträger sogar mit einem eigenen „Erwin-Song".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung