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FremdarbeiterinderSchweiz undDeutschland

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Die Schweiz und die Deutsche Bundesrepublik haben auf diesem Gebiet bereits rtlchliclie Erfahrungen1' gesäm’1 utd,f;„įe3j‘9dJ,Įpfiht die güWg§f4.

Die Schweiz beschäftigt gegenwärtig 43 5.000 ausländische Arbeiter, das sind 21 Prozent aller Arbeitnehmer, davon 59 Prozent in Dauerverwendung. Damit ist aber die schweizerische Wirtschaft in eine gefährliche Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften geraten, und mit Recht hat der Schweizer Bundespräsident vor kurzem die Frage aufgeworfen, ob es nicht an der Zeit wäre, die Wirtschaft auf dem nunmehr erreichten hohen Niveau zu stabilisieren. Er halte eine Überdimensionierung des Produktionsapparates auf der unsicheren Basis ausländischer Arbeitskräfte für nicht ungefährlich.

In der Deutschen Bundesrepublik sank die Arbeitslosenzahl im Vormonat erstmalig unter 100.000; nur 10 Prozent davon sind voll verwendungsfähig. Demgegenüber gibt es 538.000 offene Stellen und

276.000 ausländische Arbeitnehmer. Aber die Industrie benötigt dringend weitere 500.000 Arbeitskräfte. Eigene Werbebüros in Italien, Griechenland und Spanien suchen nach solchen eifrig, aber zumeist erfolglos. Und weder die Fremdarbeiter noch die deutschen Firmen sind zufrieden. Die Arbeiter klagen über Wohnraummangel und ungewohnte Kost und haben Heimweh. Das alles aber häuft die Unfallanfälligkeit und macht sie seelisch krank. Und noch etwas: Ein Gasthaus in der hessischen Industriestadt Hanau am Main verbot kürzlich italienischen Arbeitern den Zutritt ins Lokal. Bald folgten mehrere Gaststätten in Frankfurt mit dem gleichen Verbot aus dem Grunde, weil die Italiener gruppenweise Lokale besuchten und dann fortgingen ohne zu zahlen. Gerade in Frankfurt aber sind Tausende von Gastarbeitern in),.Süden der Stadt auf Baustellen und in Fabriken beschäftigt. Das schafft viel Verbitterung.' Die Arbeitgeber wiederum bezeichnen die Fremdarbeiter als ein äußerst fluktuierendes Element, das kein inneres Verhältnis zum Arbeits platz findet und jeweils dorthin tendiert, wo die Arbeitslöhne am höchsten sind. Mit solchen Arbeitskräften wirtschaftlich zu planen, sei äußerst schwierig.

Bei uns in Österreich

Bei uns in Österreich kommt zu allem noch hinzu, daß man sich bis heute über das vom Sozialministerium vorgelegte Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht zu einigen vermochte. So gilt noch immer die Verordnung über ausländische Arbeitnehmer vom 23. Jänner 1933, nach welcher der Dienstgeber zur Beschäftigung ausländischer Dienstnehmer einer besonderen Beschäftigungsgenehmigung bedarf. Einstweilen hat das Sozialmini- sterium 1000 ausländische Arbeitskräfte für die Fremdenverkehrsbetriebe und 6000 für das Baugewerbe bewilligt. Besonders im Hotel- und Gastgewerbe,” äas äerzefi' Vö' o? ® Arbeiter uhW AnįStfeilt L bč chaftifšt, wird der Personalmangel immer drückender und zwingt die Unternehmer vielfach, ihre Küchenbetriebe einzustellen oder doch Speisen nur an

Zimmergäste zu verabfolgen. Aber selbst diese müssen dann oft eine Stunde und länger warten, ehe die Reihe an sie kommt. Da die Überstundenarbeit aber durch strenge Vorschriften eingeschränkt ist, haben Fremdarbeiter, die in der Saison möglichst viel verdienen wollen, nur geringes Interesse, nach Österreich zu kommen. Unter diesen Umständen erscheint es zweifelhaft, ob man selbst die geringe vom Sozialmimstenum bewilligte Fremdarbeiterzahl aufbringen wird. Schön wäre es, wenn die 80.000 im Ausland beschäftigten Österreicher heimfänden, aber die wollen nicht kommen. Was also tun, wenn Fremdarbeiter kaum mehr zu finden sind oder ihnen Österreich zuwenig attraktiv erscheint, unsere Wirtschaft aber dringend weiterer Arbeitskräfte bedarf?

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