Berg Gletscher Gebetsfahnen tibetisch Himalaya - © Foto: iStock / James Dene

Präsenz: „Komplette Fülle der Erfahrung“

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Phasen einer außergewöhnlichen Klarheit und Geistesgegenwart können das Leben nicht nur bereichern, sondern auch verändern. Über Präsenzerlebnisse in buddhistischer Meditation und Psychotherapie. Ein Beitrag zum Symposium „Magic Moments“ in Puchberg/Wels.

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Phasen einer außergewöhnlichen Klarheit und Geistesgegenwart können das Leben nicht nur bereichern, sondern auch verändern. Über Präsenzerlebnisse in buddhistischer Meditation und Psychotherapie. Ein Beitrag zum Symposium „Magic Moments“ in Puchberg/Wels.

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Eine persönliche Anekdote vorweg: Anlässlich eines Psychotherapie-Symposiums über transformative Momente fragte ich mich, was der erste „Magic Moment“ war, an den ich mich erinnern kann. Noch heute ist mir im Gedächtnis, wie ich als kleiner Bub das Radfahren lernte. Meine Großmutter ging mit mir in einen nahegelegenen Park und stützte mich, wenn ich auf dem Fahrrad saß. So wiegte ich mich in Sicherheit, bis ich eines Tages plötzlich merkte, dass mir die Oma nicht mehr die Hand gab – und ich ganz allein dahinfuhr. Das war ein einschneidender Moment. Wenn man beginnt, sich auf eine meditative Praxis einzulassen, ist es in vielerlei Hinsicht ähnlich: Es geht darum, eine Balance zu finden. Es können sich Aha-Erlebnisse einstellen („So geht das also!“). Und der Übergang in einen neuen Zustand liegt in der Luft: So wie beim Radfahren soll etwas, das einem zunächst fremd und schwierig erscheint, zu einer Fähigkeit werden, die einem in Fleisch und Blut übergeht.

Präsenzerfahrungen sind oft „Magic Moments“. Gesteigerte Klarheit und Geistesgegenwart können im Alltag aus heiterem Himmel entstehen: Beim Spaziergehen zum Beispiel braut sich ein Gewitter zusammen, auf einmal erscheint ein heftiger Blitz am Horizont. Sofort wird man aus dem Grübeln oder den Tagträumen herausgerissen und ist ganz im „Hier und Jetzt“. Oder im Straßenverkehr: Ein Auto biegt unerwartet ein, man muss auf die Bremse springen. In diesem Moment ist die volle Geistesgegenwart gefordert, um einen Unfall zu vermeiden. Das sind Präsenzerfahrungen, die durch ein äußeres Ereignis (also „Top-Down“) hervorgerufen werden. Es gibt aber auch Präsenzerfahrungen, die unabhängig von solchen Anlässen kultiviert werden können – durch systematische Übung (also „Bottom-Up“). In Yoga-Praktiken spielen sie seit Jahrtausenden eine zentrale Rolle. Auch in der buddhistischen Meditation, die historisch auf dem Nährboden der uralten Yoga-Tradition in Indien gewachsen ist, sind Präsenzerfahrungen ein Schlüsselmoment in der spirituellen Praxis. Warum ist das so?

„Schau'n Sie sich das an!“

Der Überlieferung zufolge soll der Buddha (563–483 v. Chr.) seine gesamte Lehre folgendermaßen auf den Punkt gebracht haben: Es geht nur um Zweierlei – „Dukkha“ und „Nirwana“. Genau genommen geht es darum, „Dukkha“ zu überwinden, um „Nirwana“ zu verwirklichen. In den „vier edlen Wahrheiten“, gewissermaßen der Kern beziehungsweise die DNA der buddhistischen Lehre, ist dieser Zusammenhang dargelegt. „Dukkha“ lässt sich als Leid, Stress und Ungenügen übersetzen. Der amerikanische Psychoanalytiker und Buddhismus-Lehrer Mark Epstein sieht darin traumatische Erfahrungen im weitesten Sinn („The Trauma of Everyday Life“, 2014).

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