
Yuval Noah Harari: Das "Nicht-Selbst" ergründen
Yuval Noah Harari zählt zu den einflussreichsten Denkern der Gegenwart. Er glaubt an visionäre Technologie und an buddhistische Meditation. Was heißt das für sein Menschenbild?
Yuval Noah Harari zählt zu den einflussreichsten Denkern der Gegenwart. Er glaubt an visionäre Technologie und an buddhistische Meditation. Was heißt das für sein Menschenbild?
Welche ethischen Fragen werfen Wissenschaft und Technologie im 21. Jahrhundert auf? Wie verhalten sich Geschichte und Biologie? Und wurden die Menschen im Laufe der Geschichte eigentlich glücklicher? Yuval Noah Harari hat eine Neigung zu innovativen Fragestellungen. Und er versteht es, diesen Fragen in seinen Büchern geistreich und witzig nachzugehen. Das hat den israelischen Historiker zu einem der einflussreichsten Weltendeuter gemacht. Mehr als 19 Millionen Bücher hat der 43-Jährige bis Ende 2018 weltweit verkauft. Nachdem er in "Eine kurze Geschichte der Menschheit"(2011) historische Prozesse im Schnelldurchlauf erklärt hat, skizziert Harari in "Homo Deus"(2015) die für ihn wichtigsten Menschheitsprojekte der nahen Zukunft. Beide Bücher wurden in über 50 Sprachen übersetzt. Der bislang letzte Wurf ist "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert"(2018), eine Art Zeitdiagnose angesichts der drängenden politischen und technologischen Herausforderungen.
Auf dem Weg zur Unsterblichkeit?
In den letzten Jahren war Harari u. a. bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ein gefragter Gast. Heuer sprach er mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg über die Zukunft der Künstlichen Intelligenz und mit dem damaligen Kanzler Sebastian Kurz über die Zukunft von Europa. Doch auch in Wien kam Harari auf seine Lieblingsthemen zu sprechen: visionäre Technologie, an der er sein Denken ausrichtet, und buddhistische Meditation, die er selbst zwei Stunden täglich (!) praktiziert. Hinter diesen Themen verbirgt sich ein gemeinsames Motiv: die "conditio humana" im Angesicht von Alter, Krankheit und Tod.
Als Zukunftsforscher glaubt Harari an einen "disruptiven Wandel" und an den posthumanen Menschen, aufgerüstet mittels Bio-Engineering und regenerativer Medizin. Gerade der Kampf gegen Alter, Krankheit und Tod könnte dadurch rasante Fortschritte machen. Dann geht es nicht mehr nur um medizinische Erfolge und effektives Anti-Aging: "Im 21. Jahrhundert werden die Menschen vermutlich ernsthaft nach der Unsterblichkeit greifen", schreibt der Autor allen Ernstes in "Homo Deus". Doch der Historiker weiß, dass dies -sollte es jemals eintreten -ein Elitenprojekt bleiben wird, und er weiß, dass selbst der gewonnene Kampf um die ewige Jugend nicht zu dauerhaftem Glück führen würde, sondern vielmehr zu einer "beispiellosen Epidemie von Wut und Angst". Wie auch sonst würden Menschen reagieren, wenn sie plötzlich feststellen, dass nur sie sterben müssen, während manche Reiche auf ewig jung und schön bleiben?
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