Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Erst EG-Plebiszit, danach die Wahlen
Soll die EG-Volksabstimmung erst nach den nächsten Nationalratswahlen stattfinden? Oder soll zuerst das EG-Plebiszit vor sich gehen und hinterher gewählt werden?
In letzter Zeit mehren sich die Anzeichen, wenigstens beim Seniorpartner der Regierungskoalition, daß man der erstgenannten Variante den Vorzug gibt. Also Wahlen im Herbst 1994, Referendum Anfang 1995. Kanzler Franz Vranitzky hat das in einem „Standard”-Interview jedenfalls nicht nur spekulativ anklingen lassen, sondern quasi als Marschtabelle ausgegeben. Gleichzeitig hat er energisch Uber-legungen zurückgewiesen, daß mit einer Volksabstimmung nach dem Urnengang „vermieden werden könnte, daß die Nationalratswahlen von der Europafrage beherrscht werden.”
Guter Mann! Wenn etwas unbegründet ist, dann wohl die Sorge, daß sich irgendjemand durch einen nachfolgenden Termin für das Plebiszit davon abhalten lassen wird, die EG-Frage(n) in einem Wahlkampf anzusprechen, besser: auszuschlachten. Wenigstens zwei der heute im Nationalrat vertretenen Parteien würden diesbezüglich auch keinerlei Zurückhaltung üben, nur weil es dann ohnehin noch das Referendum gibt. Die um politische Optik besorgte Logik Vranitzkys ist in diesem Punkt nicht nachvollziehbar.
Ist es nicht vielleicht überhaupt egal, was zuerst und was danach kommt? Nein, ist es nicht.
Vorausgesetzt, daß der EG-Vertrag noch vor den Nationalratswahlen 1994 ausgehandelt ist, aber davon geht die Politik ja weiterhin aus, gibt es nur eine einzige sinnvolle Terminabfolge: erst das EG-Plebiszit, danach schließlich die Wahlen.
Das Argument, daß nach einer Volksentscheidung der Wahlkampf dann nicht mehr von der EG-Beitrittsfrage beherrscht würde, sondern die anderen großen Brocken und Lebensfragen der Republik in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung rückten, hat einiges für sich, wäre aber allein noch immer zu billig.
Aber wie will jemand - und das gilt für alle Parteien - ein seriöses politisches Aktionsprogramm für die Jahre bis 1998 zimmern, wenn er auf die EG-Schicksalsfrage noch keine definitive Antwort hat? Ob Österreich der EG beitritt oder außerhalb bleibt, muß doch logischerweise zu höchst unterschiedlichen Konsequenzen in politischen Kernbereichen - von der Stahlindustrie bis zur Agrarpolitik - führen.
Natürlich kann man auch das Pferd beim Schwanz aufzäumen. Nur wird es sich dann nicht reiten lassen.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!