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Aus heutiger Sicht…

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Nachher kann man leicht gescheiter sein; das gilt natürlich auch für mich und die folgenden Ausführungen.

Hätten die Propagandoren eines Beitritts Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft ihre PR-Offensive auch dann genauso angelegt, wenn sie gewußt hätten, wie sich die Diskussion nach ihrem Startschuß entwickeln würde? Ich bin sicher: niemals!

Denn aus heutiger Sicht haben Krejci und Co zu früh durchgestartet und mit ihrer Informationsoffensive am verkehrten Ende begonnen: bei den staatspolitisch wichtigeren, aber auch komplizierteren und dem Mann von der Straße nicht unter die Haut gehenden Fragen. Da wurden kompetent und gekonnt die volkswirtschaftlichen Vorteile eines Beitritts vorgerechnet, völkerrechtliche Bedenken ausgeräumt etcetera.

Unbehandelt, zumindest in breitenwirksamer Form, blieb offenbar zu lange, was Hinz und Kunz brennend interessiert: Heißt^ eine Mitgliedschaft bei der EG, daß ich künftig härter arbeiten muß, um meinen Arbeitsplatz zu behaupten? Wie steht’s um die soziale Sicherheit, wie halt’s die EG mit der Umwelt?

Der frühzeitige Startschuß der EG-Initiative gab und gibt den EG-Gegnem Zeit für ihre Anti-EG-Agitation. Die auch in jüngsten Umfragen wieder aufgezeigte erschreckende Uninformiertheit der Mehrheit der Bevölkerung sorgt dafür, daß diese Agitation auf fruchtbaren Boden fällt.

Für die Mehrheit der Österreicher stellt sich heute die EG als ausschließlich auf wirtschaftliche Effizienz ausgerichteter Moloch dar, der Gesundheit und Umwelt der Steigerung des Bruttosozialproduktes unterordnet.

Um diese Ängste zu schüren, brauchen die EG-Geg- ner nicht einmal Falschmeldungen zu verbreiten. Es genügt die selektive Information: Sind die Umweltschützer nicht vor kurzem gescheitert, für alle neuzugelassenen PKW einen Kat verbindlich vorzuschreiben? Und haben die EG-Ver kehrsminister nicht eben freie Fahrt für die 40 Tonnen-Brummis gefordert?

Was wiegt dagegen schon die freie Arbeitsplatzwahl in ganz Europa! Wieviele Österreicher wollen denn gerne im Ausland arbeiten? Und für die Beibehaltung seiner Lebensqualität zahlt der Österreicher noch allemal gerne etwas mehr für vergleichbare Produkte.

Welchen Preis wir für eine EG-Abstinenz wirklich zahlen müßten, wissen in Wahrheit auch die Experten nicht. Und schon gar nicht Hinz und Kunz.

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