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Natürlich neutral!

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Allmählich wird die EG-Diskussion riskant. Jetzt sind die ersten Stimmen vernehmbar geworden, wonach Österreichs Neutralität „natürlich“ einen EG-Beitritt ausschließe, aber der EG zuliebe aufgegeben werden sollte. Beides ist falsch.

Eine Vollmitgliedschaft Österreichs ist wichtig und nach Auffassung namhafter Völkerrechtsexperten auch unter Beibehaltung der immerwährenden Neutralität möglich. Sollte aber die EG selbst letztlich anderer Auffassung sein, müßte Österreich an der Neutralität festhalten und sich mit einer wirtschaftlichen Fast-Mit-gliedschaft begnügen. Auch dann ginge die Welt nicht unter.

Als Österreich 1955 freiwillig (aber natürlich in Kenntnis der staatsvertragsför-dernden Wirkung dieses Schrittes) die Neutralität beschloß, hielten uns politische Moralisten im Westen vor, in Zeiten wie jenen müsse man Flagge zugunsten von Demokratie und freiheitlicher Ordnung zeigen.

Österreichs Neutralitätspolitik hat Zweifel an unserer Charakterstärke überzeugend ausgeräumt, aber wenn wir jetzt um eines vermeintlichen Vorteils willen die Neutralität über Bord würfen, wäre es mit unserer Glaubwürdigkeit vorbei. Der Opportunismus- Vorwurf, seit der Waldheim-Wahl ohnehin omnipräsent, träfe uns tödlich — und zu Recht!

Deshalb gibt es nur einen einzigen sinnvollen Weg nach Gesamteuropa: Österreich stellt einen Antrag auf Aufnahme in die EG und fügt diesem eine Darlegung bei, wie wir uns die Vereinbarkeit von Vollmitgliedschaft und Neutralität vorstellen.

Im Zug der Verhandlungen wird sich herausstellen, ob die derzeitigen EG-Mitglieder (darunter das neutrale Irland!) diese Auffassung teilen oder nicht. Kommt es bei diesen Verhandlungen zu keiner Einigung, dann ist Österreich an der EG gescheitert und nicht etwa an der Sowjetunion, seinen Grundsätzen aber aus freien Stücken treu geblieben.

Genau das ist die Konsequenz aus der jetzt häufig zitierten Tatsache, daß wir selbst und nicht etwa die Signatarmächte des Staatsvertrags unsere Neutralität interpretieren: Wir selbst bestimmen den Vertragsinhalt, nicht eine der Großmächte!

Gelingt nur eine Fast-Teil-nahme am Europäischen Binnenmarkt, ist das nur die zweitbeste Lösung, aber keine Katastrophe, denn auch die Schweiz und Schweden werden nicht in der Neutralität verhungern.

Die beste Lösung ist und bleibt: EG-Mitgliedschaft bei Wahrung der Neutralität. Und die beantragen wir!

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