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„...immer ein paar Jahre voraus“

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Es ist nur ein posthumer Triumph für Dr. Karl Kummer, daß seine Gedanken zur Uberwindung des Klassenkampfes durch die Partnerschaft zur tragenden Idee des gültigen Pro-grammes der österreichischen Volkspartei wurden. Er hat es nicht mehr erlebt, daß mehr und mehr die Uberzeugung wächst, daß Eigentum auch an Produktionsmitteln breit gestreut werden muß.

1960 hat Karl Kummer einmal formuliert: „Es bestehen zwischen Gemeinschaft und Kollektiv wesentliche Unterschiede. Eine Gemeinschaft ist von jedem ansprechbar, in ihr kann eine Beziehung zwischen den einzelnen Mitgliedern hergestellt werden. Wenn aber diese Gemeinschaft zu groß wird, dann beginnt das Kollektiv, in dem die Gefahr für den einzelnen droht, in die Masse abzusinken.“

Wenn man die Veröffentlichungen des Instituts Revue passieren läßt, so ist es von Anfang an bis heute immer aktuell gewesen, immer ein paar Jahre der öffentlichen Diskussion voraus - das ist ja der Sinn dieses Instituts.

An Aktualität hat es nicht gefehlt und fehlt es nicht. An Fortschrittlichkeit hat es nicht gefehlt und fehlt es nicht. An Pflege der Tradition hat es nicht gefehlt und wird es nicht fehlen.

Das Institut ist heuer 25 Jahre jung. Was wir uns in diesem Jahr vornehmen wollen, ist etwas sehr einfaches:

Nichts anderes, als die Tradition der Ideenwelt, der Gedankengebäude, die bei der Gründung des Instituts Pate gestanden'haben, fortzuführen, der jeweils aktuellen Situation anzupassen, wie es unsere Aufgabe ist.

Die Menschen beginnen zu erkennen, daß die Allmacht des Staates, der Versorgungsstaat und die Bürokratie nicht die Zukunft des Lebens sein können, sondern die Idee der Selbstverantwortung und der Initiativen und die christlichen Ideen des Miteinander wieder aus dem Dunst der Geschichte emporsteigen müssen.

Besonders die Jugend spürt es; sie drängt wieder zum Engagement. Das Gemeinwohlprinzip beginnt wieder -in welcher Terminologie immer- von den Menschen verstanden zu werden. Es wird sich die Richtung des Wachstums ändern und es wird notwendig sein, daß sich die Menschen wieder engagieren, daß sie mitreden, mitverantworten.

Die menschliche Gesellschaft ist in ihrem Innersten ja nicht ein säuberliches Abstecken der Machtbereiche und auch nicht ein bis ins Kleinste gehendes Abwägen der Anteile: im gesellschaftlichen Bereich handelt es sich wesentlich um das Zueinander und Gegeneinander von Menschen. Diese aber werden letztlich nicht durch blinde Notwendigkeit aufeinander verpflichtet, sondern durch die innere Anerkennung des anderen

und durch das Bekenntnis zu geistigen Werten.

Damit gehört das Wertbekenntnis zur Voraussetzung und zur ständigen Bedingung gesellschaftlicher Ordnung. Das war der Weg, der im Kummer-Institut von Anfang an verfolgt wurde: Familienlastenausgleich, Familienpolitik, Eigentumsstreuung, Verantwortung, Initiative, soziale Verpflichtung aller, vor allem gegenüber den Schwachen, den Alten und Kranken, die es in jeder Gesellschaft gibt.

Und ich möchte mit einem Satz von Anton Burghardt schließen, den er 1955 gesagt hat - anläßlich der 1. Sozialen Woche, die dem Thema .Sozialpolitik an der Wende' gewidmet war: „Wie immer der Widerspruch und Widerstand gegen die Durchsetzung eines gesellschaftlich realistischen Humanismus sein mag, die Zeit arbeitet in Richtung auf Vermenschlichung des gesellschaftlichen und ökonomischen Prozesses.“

Das ist ein Motto für die Arbeit dieses Instituts. Es ist ein Motto der Vergangenheit gewesen, es ist ein Motto der Gegenwart und ich bin sicher - es wird auch das Motto der Zukunft sein.

Auszug aus der Rede, die Dr. Josef Taus in seiner Eigenschaft als Obmann des Instituts für Sozialpolitik und Sozialreform (Kummer-Institut) anlaßlich seines 25jährigen Bestandes hielt.

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