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Leistung und Eigentum

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Die Zukunft der Volkspartei be­steht im Mut zur Wahrheit, in der Be­reitschaft zu einer neuen Sachlichkeit und vor allem in einer bedingungslo­sen Integrität ihrer politischen Man­datare. Warum man das gerade am Beginn der achtziger Jahre expressis verbis betonen muß, braucht nicht weiter erläutert zu werden.

Hunderttausende Österreicher - darunter viele, die bisher ein Stück des Weges mit der Regierungspartei mitgegangen sind - warten auf folgen­de, Mut erfordernde Signale:

• Ein klares Bekenntnis zur Lei­stung, zur leistungsdifferenzierten Einkommenspolitik und zu einem auf leistungsprinzipien aufbauenden Bil­dungssystem.

• Eine klare Absage an die Perpe- tuierung des Umverteilungs- und Zwangsbeglückungsstaates.

• Einen ernstgemeinten Anlauf zum Zurückdrängen der überborden­den Bürokratisierung aller Lebensbe­reiche, auch wenn die politische Ver­ankerung bei der Beamtenschaft hie­bei einigen bisher zaghaft vorgebrach­ten Denkansätzen vermeintlich im Wege steht.

• Eine politische Pragmatik, die das Postulat vom selbständigen Men­schen innerlich und .mental ernst nimmt.

Schon diese wenigen Punkte erfor­dern den Mut zur Unpopularität, er­fordern aber auch dje innere Stärke, eine Zeitlang gegen den Medienwind Klavier zu spielen. In dieser Bezie­hung fehlt der Volkspartei - wie übri­gens vielen westlichen bürgerlichen Parteien, die glauben, daß sie die ver­öffentlichte Meinung vom harten Op­positionslos erlösen wird - noch eini­ges an Zivilcourage.

Just diese Courage aber erwarten von ihr nicht nur die bereits apostro­phierten Taxifahrer, sondern alle jene, die nach einem guten Jahrzehnt Aus- trorSozialismus levantinisch-alpiner Prägung endlich begreifen, was auf dem Spiel steht.

Eigentum, Leistung, Sicherheit: Zu diesen inhaltlichen Überschriften wer­den von der Volkspartei präzis formu­lierte Texte erwartet. Dabei genügt es allerdings nicht, mit einem vazieren- den Programmpräsentationszyklus durch die Lande zu reisen und zur hö­heren Ehre einzelner Exponenten just for show Buntgedrucktes unter die versammelten Publizisten zu werfen.

Noch jubeln beamtete Medienbeob­achter über die tags darauf publizier­ten Vierspalter und geben sich der Il­lusion hin, damit sei die einschlägige Problemlösungskapazität der Volks­partei schon im öffentlichen Bewußt­

sein ausreichend verankert. Es fehlt noch die Konsequenz zu dem, was in der Journalistensprache das „Drauf­setzen auf ein Thema" heißt. Konse­quent, mit trommelndem staccato, bis zum Überdruß für die eigenen Kader sich wiederholend.

Eine weitere Chance liegt darin, den Abseitsstehenden, den Aufstei­gern und den Aufgestiegenen, den In­tellektuellen und jenen, die sich dafür halten, zu beweisen, daß man nicht nur ihre Sprache spricht, sondern auch ihre Denkmuster begreift.

Der Charme einer sozialen Integra­tionspartei besteht nicht darin, daß sich die Exponenten der Teilorganisa- tionen endlich vertragen, sondern daß man etwa im - horribile dictu - Ar- beitnehmerfiügel kostenbewußt und im Wirtschaftsflügel konsumenten­orientiert zu denken und zu handeln vermag.

Viele Kritiker meinen, gerade dies sei in einer Zeit, die von der maßlosen Profilierung partikularer Interessen gekennzeichnet sei, eine liebe Illusion. Mag sein, daß das vergangene Jahr­zehnt eine Periode der Zentrifugal­kräfte gewesen ist. Ein über den ge­sunden Föderalismus oft weit hinaus­gehender Regional- oder gar Bezirks­chauvinismus ist nicht wegzuleugnen.

Dennoch steuern wir auf eine Zeit zu, in der die unterbewußte Sehnsucht nach mehr Zusammengehörigkeitsge­fühl und Interessensolidarität zuneh­men wird. Auch hierin liegt die emi­nente Chance der Volkspartei, über­holte ideologische Muster der soziolo­gischen Klassifizierung endlich über Bord zu werfen und die inhaltliche Identität im Menschen- und Weltbild in den Mittelpunkt zu stellen.

Es geht nicht darum, Arbeitnehmer­politik zu betreiben, sondern im Rah­men des Vorranges für Privateigen­tum die unselbständig Erwerbstätigen in die Überlegungen miteinzubezie­hen. (Siehe 2. Eigentumsbildungsge­setz!)

Es ist nicht wichtig, eine bauchla­denartige Jugendpolitik mit Krampf-

Pop und kindischen Beat-Anbiede­rungen zu betreiben, sondern durch die Renaissance die politische Integri­tät so weit voranzutreiben, daß sich junge Menschen wieder mit der res publica identifizieren können!

Es ist wenig von politischer Rele­vanz, die abstrakte Hydra Staatsver­schuldung von den akademischen Podien her anzugreifen, sondern es genügt, mit griffigen Argumenten an den gesunden ökonomischen Haus­verstand breitester Bevölkerungskrei­se zu appellieren.

Die allergrößte Chance für die Zu­kunft liegt in der Bereitschaft, zuzuge­ben, daß Politik gar nicht so kompli­ziert ist, wie sie von den politischen Mandataren sehr oft aus Gründen der elitären Profilierungssucht dargestellt wird.

Die Volkspartei braucht mehr Mut gegenüber den Medien, dem ver­meintlichen Zeitgeist und den eigenen Funktionären gegenüber. Das Heran­reifen zur communis opinio ist wahr­lich oft ein langwieriger Prozeß und kostet Ausdauer: Zugegeben. Doch Ungeduld gegenüber den gesell­schaftsüberwindenden Intentionen des rosaroten Salon-Marxismus und Geduld bei der Pflege der eigenen Saat. Das ist die Zukunft der Volks­partei.

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