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Alte Dame Kirche rüstet fürs nächste Jahrtausend

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Alte Damen haben meist etwas Rührendes an sich, wenn sie mit leuchtenden Augen von ihrer Jugend erzählen. Ein Schuß Nostalgie macht ja das Altwerden erträglicher. Doch Altwerden ist gerade für eine Kirche nichts Natürliches, für eine evangelische schon gar nicht. Gerade sie, eine explodierende Knospe der „Allgemeinen Kirche” im 16. Jahrhundert, meinte ja, alles Greisenhafte der mittelalterlichen Kirche losgeworden zu sein.

Allein Christus, allein die Gnade, allein die Bibel, allein durch Glauben - das schien die erlahmende Dynamik zu garantieren. Ihre führenden Geister haben diese Hoffnung auch theoretisch formuliert: „Eine Kirche, die erneuert worden ist und sich mit Gottes Hilfe immer wieder erneuern wird.” Das war ein kühnes Konzept.

Das war die Überzeugung, daß eine Kirche ohne produktive Unruhe nicht lebensfähig ist. In dieser Tradition stehen die Synoden der beiden evangelischen Kirchen in Österreich, die Anfang Oktober zusammentreten werden. Wird man den Damen und Herren der beiden „Kirchenparlamente” ansehen, daß reformatorisches Blut durch ihre Adern fließt, oder sind aus den Protestanten längst etablierte, ruhebedürftige „Evangelische” geworden?

Die österreichische Öffentlichkeit und die katholischen Glaubensgeschwister haben ein gutes G'spür für reformatorische Lebenszeichen. So wurde nicht nur die ungeheure Selbstbeschäftigung im evangelischen Bereich registriert, sondern auch begeistert die Wahl zweier außerordentlicher Frauen ins Superintendentinnenamt. Super!

Die Synode der Kirche A.B. wählt diesmal einen neuen Bischof. Fünf Kandidaten treten dazu in einen edlen Wettstreit: vier gestandene Kirchenmänner und ein Gemeindepfarrer - leider keine Frau. Ein lutherischer Bischof hat zwar nicht annähernd die Machtfülle wie ein katholischer Bischof, trotzdem werden hier die Weichen der Kirche A.B. ins nächste Jahrtausend gestellt, umso mehr, als auch ein Großteil der leitenden Exekutive gewählt wird.

Auf das neue Team warten große Aufgaben; aber der neue Oberkirchenrat A.B. darf mit dem Vertrauen des Kirchenvolkes rechnen, das ihn ja durch Delegierte in freier und geheimer Wahl küren wird.

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