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Stein ante portas

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Aus Salzburg kommt frohe Kunde: der neuen Leitung soll die programmatische Quadratur des Festival-Kreises endlich gelungen sein.

Während nur gehässige Kritiker, womöglich solche, die sich irgendwann einmal erfolglos um eine Salzburger Festwochen-Funktion beworben haben, die Qualität der Musik unter dem Untersberg in Frage stellen, ist das Schauspiel an der Salzach im Dauergerede. Natürlich gab es immer wieder Inszenierungen im offiziellen Programm, und auch oft dieselben, die überregionalen Ansprüchen gerecht wurden. Und natürlich wagt sich auch niemand öffentlich und kritisch an den Jedermann heran: denn dann könnte man ja gleich die Festwochen insgesamt abschaffen, woran wohl kein wirtschaftlich mit den Salzburgern fühlender Mensch denken kann. Aber insgesamt erreichen die Produktionen der sprechenden Darsteller nur ganz selten - oder nie - das Niveau der Opern und der Konzerte.

Das wird jetzt alles ganz anders. Denn nun steht Peter Stein ante portas. Er wird, so die Spatzen von der Festung richtig pfeifen, das Sprechtheater im Salzburger Sommer an die europäische Spitze, wenn nicht gar ans Niveau deutscher Bühnen heranführen. Womit und wie, das weiß man noch nicht genau, aber daß, ist sicher. Denn mit ihm gelingt den Salzburgern die Verpflichtung des besten, ersatzweise des bedeutendsten Regisseurs des deutschen Sprachraumes. Davon sind sie überzeugt, und das sagen sie auch deutlich.

Das Beste, nein, der und die Bestefn) sind doch gerade gut genug, wenn's um Salzburggeht und die Kunst - und damit eigentlich und letztlich ums Ganze. Oder?

Doch halt, wie soll, wie kann das denn gehen?

Wie kann denn ein bester Regisseur von allen in ein Land kommen, in dem es einen solchen schon gibt? Schließlich haben wir doch schon unseren Claus. Und wer würde zweifeln, daß just er der beste, der größte Regisseur wäre, den je ein heimtückisches Schicksal aus dem gelobten Deutschland ins geschmähte Öster-Reich getrieben hätte!

Werden wir, nachdem wir jahrhundertelang mit eigenen und daher offensichtlich nur mit zweitbesten Regisseuren auskommen mußten, fortan über zwei erstbeste verfügen?

Wenn aber nun von den beiden vermeintlich besten nur einer der tatsächlich beste wäre? Was passiert mit dem anderen, der unvermutet einen noch besseren, den besten eben, vor die Nase gesetzt bekommt?

Vielleicht wäre es doch weise, für Salzburg nur einen Zweitbesten oder eine Zweitbeste zu suchen.

Es wäre mehr als bisher-und weit weniger gefährlich.

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