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Volksfront ante portas
Ähnlich wie in Norwegen, sieht sich auch in Finnland die Arbeiterpartei nach den jüngst stattgefundenen Wahlen in eine Situation versetzt, die von großer Unsicherheit geprägt ist. Diskussionen über den künftig einzuschlagenden Weg ist dadurch ein weiter Spielraum gegeben. Die Sozialdemokratie hat zwar nur ein Prozent der Stimmen und zwei Mandate verloren, doch man hätte, nach allen Anstrengungen in der Regierung, auch ein für sie günstigeres Ergebnis erwarten können. Es scheint den Sozialdemokraten unmöglich zu sein, mehr als ein Viertel der Wählerschaft für sich zu gewinnen.
Ähnlich wie in Norwegen, sieht sich auch in Finnland die Arbeiterpartei nach den jüngst stattgefundenen Wahlen in eine Situation versetzt, die von großer Unsicherheit geprägt ist. Diskussionen über den künftig einzuschlagenden Weg ist dadurch ein weiter Spielraum gegeben. Die Sozialdemokratie hat zwar nur ein Prozent der Stimmen und zwei Mandate verloren, doch man hätte, nach allen Anstrengungen in der Regierung, auch ein für sie günstigeres Ergebnis erwarten können. Es scheint den Sozialdemokraten unmöglich zu sein, mehr als ein Viertel der Wählerschaft für sich zu gewinnen.
Die Volksdemokraten konnten 1,8 Prozent der Stimmen und drei Mandate gewinnen. Sie kamen auf 519.000 Stimmen und erzielten damit das beste Ergebnis, das sie jemals hatten notieren können. Ihre Mandatszahl erhöhte sich von 37 auf 40. (Daß sie bei früheren Wahlen einige Male mehr Mandate erobern konnten, hängt mit der Eigenart des finnischen Wahlsystems zusammen.) Von den Koalitionspartnern der Sozialdemokraten in der Regierung Sorsa hat die Zenterpartei 1,3 Prozent der Stimmen und vier Mandate gewonnen, die kleine liberale Partei ist bei einem Stimmengewinn von nur 0,8 Prozent sogar mit einem Gewinn von drei Mandaten belohnt worden. Als alleinige Verlierer der früheren Koalitionsregierung sind nun viele Sozialdemokraten geneigt, eine Änderung des Parteikurses zu befürworten, die bis zum Verzicht auf eine“ Regierungsteilnahme gehen kann.
Das Mindeste, das man heute in diesen Kreisen fordert, ist die Einbeziehung der Volksdemokraten in die Regierungsverantwortung. Zur Bildung einer Volksfrontregierung reicht es nach wie vor nicht, denn mit nur 95 von 200 Parlamentsmandaten befindet sich die Linke trotz allem in der Minderheit. Eine weitere Voraussetzung ist die Regierungsteilnahme der Zenterpartei, die mit ihren 39 Mandaten fast genau so stark ist wie die Volksdemokraten. Alles deutet jedoch darauf hin, daß der von den Kommunisten dominierte Volksdemokratische Wahlverband seine Mitwirkung so teuer wie möglich verkaufen will. Seine Mindestforderung ist die nach einer radikalen Änderung der Wirtschaftspolitik. Rekordhohe Inflationsraten, eine drohende Massenarbeitslosigkeit, ein Passivum im Außenhandel, das bis zum Jahresende sieben Milliarden Finnmark erreichen dürfte und eine aufs neue zunehmende Auswanderung unersetzlicher Arbeitskräfte verlangen nach kommunistischer Doktrin Maßnahmen, vor denen die Zenterpartei und auch die Arbeiterpartei bisher zurückgeschreckt sind. Die Verhandlungen über eine Regierungsbildung werden deshalb schwer sein und dürften Monate in Anspruch nehmen.
Es mag in den Ländern südlich der Ostseelinie Verwunderung, möglicherweise sogar Bestürzung erregen, daß die finnländische Sozialdemokratie so ohne weiteres geneigt ist, den Kommunisten eine Regierungsbeteiligung einzuräumen. Doch hält man in sozialdemokratischen Kreisen Finnlands die KP für eine Gefahr für die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Landes, und die wirtschaftlichen Probleme, mit denen man täglich zu tun hat, für so dominierend, daß man bereit ist, einen ansonsten ungeliebten Partner neben sich zu dulden, wenn es darum geht, unpopuläre Sparmaßnahmen und drastische Einschränkungen des Konsums zu verordnen. Dazu kommt noch, daß von Seiten der Präsidentenkanzlei Druck auf die drei stärksten Parteien in der Richtung ausgeübt wird, daß sie sich der dringendsten Wirtschaftsprobleme gemeinsam annehmen sollten.
Der Wert des Exportes hat sich im ersten Halbjahr 1975 ärger vermindert, als man noch zu Beginn des Jahres befürchtet hatte. Die Arbeitslosenziffern beginnen von neuem anzusteigen, und der Verbrauch dürfte im besten Fall einen Umfang wie im Vorjahr erreichen. Dasselbe ist vom Bruttonationalprodukt insgesamt zu erwarten.
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