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Wer sagt nein ?

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Zwei größere Wahlgänge liegen zurück. Und wieder wurden Künstler, Wissenschaftler und Sportler bemüht, für Kandidaten und Parteien zu werben. Es wurden ihnen Zitate in den Mund gelegt, die (wahrscheinlich) von Werbefachleuten formuliert wurden.

Mag sein, daß der (die) eine oder andere tatsächlich selbst formuliert und aus Uberzeugung gesagt hat, warum ihm (ihr) dieser oder jener Kandidat sympathischer sei und daher von ihm (ihr) gewählt werde und er (sie) dies auch anderen empfehle.

Das dürfte eher die Ausnahme sein, die die Regel, sich einfach für die Werbung zur Verfügung gestellt zu haben, bestätigt. Aus verschiedenen Bemerkungen solcher Werber zu schließen, nicht immer selbst- und kostenlos.

Was hier gespielt wird, ist unsympathisch und unwürdig zugleich. Ganz abgesehen davon, daß man sich fragen muß, was dieser politische Offenbarungseid soll und was er bewirkt. Bezweckt soll damit natürlich werden, daß diese Multiplikatoren möglichst viele ihrer Anhänger und Fans dazu verleiten sollen, so wie sie zu denken und ebenfalls so wie sie zu wählen. Ob sie es wirklich tun?

Es gibt, erfreulich genug, im kulturellen, wissenschaftlichen und sportlichen Bereich unseres Landes Persönlichkeiten, auf die wir alle mit Recht stolz sind. Sie haben eine staatspolitisch integrierende Funktion über Parteigrenzen hinweg. Aber nur, solange sie nicht von einer Partei vereinnahmt werden.

Der Bürger, der sie ob ihrer künstlerischen, wissenschaftlichen oder sportlichen Leistung bewundert und stolz auf sie ist, will gar nicht wissen, was sie politisch denken und wie sie wählen.

Nun aber werden sie mehr oder minder freiwillig veranlaßt, sich öffentlich zu deklarieren.

Mehr oder minder freiwillig? Wie viele dieser Leute können es sich leisten, dem politischen Bittsteller, der von ihnen die Unterstützungserklärung abverlangt, nein zu sagen? Sicher sind nicht alle in einem Abhängigkeitsverhältnis. Aber nicht wenige von ihnen sind, sei es tatsächlich, sei es vermeintlich, auf das Wohlwollen des politischen Bittstellers angewiesen und werden Konsequenzen fürchten, wenn sie nicht mittun. Man kann es den Angesprochenen gar nicht verargen, daß sie sich den Unmut der Mächtigen nicht durch den Mut zu einer Absage zuziehen wollen.

Auch die Methode selbst scheint fraglich und zeugt von einer krassen Geringschätzung der Wähler. Man hält sie für so labil und unmündig, nicht selbst entscheiden zu können, sondern in einer Art Herdentrieb blindlings einem Leithammel zu folgen.

Dazu kommt: Wenn es die einen tun, sehen sich die anderen fast ebenso dazu gezwungen, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, bekannte Namen fänden sich nur im anderen Lager.

Deshalb wären die Parteien gut beraten, wenn sie die Finger von Künstlern, Wissenschaftlern und Sportlern ließen, damit diese nicht — zu Recht oder zu Unrecht bleibe dahingestellt — in den Geruch der Opportunität geraten.

Und die Prominenten aller Sparten sollten sich zu gut sein, um diversen Politikern als Sprechblasen zu dienen.

Womit ihnen freilich nicht verwehrt sei, sich politisch zu betätigen und zu äußern. Dann aber nicht nur vor Wahlen und nicht nur zugunsten von Politikern, deren Wohlwollen ihnen zumindest nicht schaden kann. Und vor allem: Nicht auf Auftrag und schon gar nicht gegen „Honorar“, sei es in Form von Aufträgen oder auch nur in Form besonderer Gunst.

Der Autor ist Präsident dei Vorarlberger Landtages.

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