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Ungeklärte Eigenexistenz

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Das wird aufhören. Wenn nun die Kontakte der kommunistischen Parteien untereinander nicht mehr auf Unterordnung, sondern auf Meinungsaustausch begründet sind, dann kann und muß ja auch Meinung vorgebracht werden. Damit entsteht eine Bresche für die bis nun für die KP abgesiegelten Impulse aus dem eigenen Land und dessen Erfordernissen. Diese Impulse sind jedoch — auch wenn sie nur aus der Arbeiterschaft kommen, an die sich die KP wendet — durchaus nicht revolutionär und steuern nicht auf die Diktatur des Proletariats zu (was sie de facto niemals, außer in Zeiten äußerster sozialer Krise getan haben). Diesen Impulsen konnte sich die KP bis nun nur durch ihren Chi-liasmus — der Kehrseite ihrer Subordination unter die KPdSU — entziehen. Wenn sie jedoch hierzu nicht mehr imstande ist, was an Eigenheit verbleibt ihr dann noch gegenüber der Sozialistischen Partei? Und welche Eigenexistenz kann sie dann noch — außer als Opponent in Lokalfragen — für sich in Anspruch nehmen?

Von all dem ist man noch weit entfernt, und es sind vorerst nur Tendenzen, die sich anbahnen. Eines steht jedoch bereits fest: der Glaube, daß die ideologische und organisatorische Einheit für die Existenz des Kommunismus unerläßlich ist, ist erschüttert. Damit jedoch ist die Kontinuität, die von den durch den Stalinismus geformten Führern durch Unterwerfung und immer neue Bocksprünge über die Wirklichkeit für die Anhänger bewahrt

worden war, gebrochen. Und die Führer haben ihre Autorität, die auf jenem Glauben und auf bedingungslose Treue und Unterordnung gegenüber der Sowjetunion basierte, eingebüßt. Man kann sich somit eine Vorstellung vom Ausmaß der ideellen und personellen Stagnation machen, unter welcher die KPÖ leidet. Als prinzipieller Opponent hat sie ihre programmatische, wenn auch wenig wirksame Grundlage verloren. Es ist kein Zufall, daß keiner ihrer bisherigen Führer mehr fürs Parlament kandidiert. Außer dem Generalmanager Fürnberg, der die Partei just durch etwas über

Wasser hält, das sie am wenigsten geeignet macht, im Parlament afc Ritter sonder Tadel aufzutreten: Er hat den Schwerpunkt dieser Partei in ihren Firmen gefunden und sie hierdurch in den Kreis kapitalistischer Interessen eingebaut. So verzichten die Parteifirmen beispielsweise durchaus nicht darauf, Geschäfte mit den Ländern der EWG zu machen, gegen die die KP-Presse Sturm läuft.

So ist die KPÖ ideologisch zu jenem Gespenst geworden, von dem Karl Marx in seinem Manifest lehrte — aber zu einem Gespenst ihrer selbst, das weniger die Träume der Bürger als der KP-Führer beunruhigt.

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