"Amerika und Europa sitzen im selben Boot!"

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Wir erleben keinen Kampf der Kulturen, sondern der Ideologien, meint ein Vertreter des US-Außenministeriums. Da helfe kein Abseits-Stehen, der Angriff gelte der ganzen demokratischen Welt.

Stimmt es, dass wir uns heute inmitten eines Zusammenpralls der Zivilisationen befinden, von dem Samuel Huntington gesprochen hat? Ich gebe zu Bedenken, dass Huntingtons fesselnde Theorie oft von Leuten in den Mund genommen wird, die Huntington nicht sehr aufmerksam gelesen haben. Demokratie, Rechtsstaat und der Respekt vor den Rechten des Einzelnen seien, so Huntington, Errungenschaften westlicher Zivilisation. Die Vorstellung, diese Richtlinien könnten in andere Zivilisationen übertragen werden, nennt Huntington "fehlgeleitet, arrogant, falsch und gefährlich". Würden Anstrengungen in diese Richtung unternommen, warnt er davor, dass das zum "clash of civilizations" führen würde.

Richtig dabei ist, dass die Demokratie im Westen ihren Ausgang genommen hat. Aber dieses Modell hat sich mittlerweile auch in Regionen der Welt verbreitet, die Huntington anderen Zivilisationskreisen zurechnet.

Das bedeutet keineswegs, dass die Demokratie keine Feinde hat. Wie Hitler, Lenin und Stalin vor ihnen, hegen totalitäre Kräfte innerhalb der muslimischen Welt einen tiefen Hass gegenüber jeglicher demokratischen Gesinnung. Sie hassen diese Ideologie, denn sie fürchten damit einhergehende kulturelle Veränderungen, die ihren Lebensstil grundlegend beeinflussen würden. Was sie am meisten zu beunruhigen scheint, ist die Gleichstellung der Geschlechter. Die Anhänger dieser neuen Form von Totalitarismus haben lange Zeit gegen einzelne Muslime angekämpft, denen sie eine Missinterpretation der - ihrer Meinung nach - wahren Auslegung des Korans vorgeworfen haben. In wenigen Jahren ist es ihnen aber gelungen, ihre terroristischen Kapazitäten so weit auszubauen, dass sie die Vereinigten Staaten angreifen konnten. Jenes Land, das sie letztlich als die Quelle alles Bösen ansehen. Eines Bösen, das via Fernsehen und Film in aller Welt verbreitet wird.

Amerika wird seither von einer Bewegung angegriffen, die bereit ist, unserem Land und vor allem der Zivilbevölkerung schweren Schaden zuzufügen. Wir fürchten, unsere Gegner versuchen, eine Kampfkraft zu erreichen, mit der sie mit einem Schlag eine große Anzahl von Menschen töten können. Das zu verhindern, ist unser Ziel. In dieser Grundfrage sind sich alle Menschen in unserem Land einig.

Gewiss, uns Amerikaner erfüllt es mit Sorge, wenn einige unserer europäischen Freunde meinen, wir würden überreagieren. Unsere Hoffnung ist aber, die Freunde in Europa erkennen, dass wir uns alle im selben Boot befinden. Und wir hoffen, Europa erinnert sich an die Worte von John Donne: "Der Tod jedes einzelnen schwächt mich, denn ich bin Teil der Menschheit. Deshalb frage nie, wem die Stunde schlägt, sie schlägt dir."

Der Autor ist Sonderberater des US-Außenministeriums und Mitglied des American Jewish Committee.

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