Hohe Subventionen, kaum Kontrolle

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Gemessen am Ausmaß der Parteisubventionen liegt Österreich mit Abstand an der Spitze aller Demokratien.

Österreichs Parteien haben, gemessen an der Einwohnerzahl, weltweit die meisten Mitglieder. Zugleich sind sie Spitzenreiter bei der staatlichen Parteienfinanzierung. Die Regelungen der Parteienfinanzierung sind Kompromisse zwischen schwer vereinbaren Zielen. Am Besten wäre, wenn das Geld in kleinen, aber massenhaften Beträgen von Mitgliedern und Sympathisanten kommen würde: Mit einzelnen Zuwendungen würde kein relevanter Einfluss ausgeübt, die Parteispitzen wären dennoch stark auf den Rückhalt in der Bevölkerung angewiesen. Parteienfinanzierung wäre ein Instrument politischer Beteiligung, ähnlich dem Aufwenden von Zeit für ehrenamtliches Engagement.

Großspenden hingegen sind ein Einfallstor für die (legitimen wie illegitimen) Wünsche der Geldgeber, denn Unternehmen und Interessenverbände finanzieren Parteien oder Wahlkämpfe von Politikern nicht ohne Hintergedanken. Die Gefahren der Korruption sowie der Geruch von Schwarzgeld und Steuervermeidung sind permanente Begleiter. Spenden sollten also zumindest von der Öffentlichkeit und den Finanzbehörden kontrolliert werden.

"Gekaufte" Parteien?

Die staatliche Finanzierung schließlich kann Abhängigkeiten der Parteien und Politiker von Großspendern abschwächen. Sie schwächt freilich auch die Abhängigkeit der Parteispitzen von den Mitgliedern und kleineren Funktionären: Ohne die Verfügung über beträchtliche Mittel aus staatlichen Subventionen (für die innerparteilich kaum ein Rechtfertigungszwang besteht) wäre kaum möglich, dass Spitzenkandidaten - oft in bewusstem Kontrast zu bisherigen Programmen der Partei - unter Beratung ideologiefreier "spin doctors" teure Werbefeldzüge inszenieren, die sich hauptsächlich an Wechselwähler richten. Auch der gelegentliche finanzielle Hasard bei Wahlkämpfen hat hier eine Ursache: Wenn der Großteil der Mittel ohnehin vom Staat kommt und deren Aufteilung den jeweils vorangegangenen Wahlresultaten folgt, so werden die Ausgaben an den zu erwartenden künftigen Einnahmen und nicht an den Mitgliedsbeiträgen oder Spenden bemessen. Wenn die Umfragedaten dann Schlimmes erahnen lassen, gibt es häufig den (meist erfolglosen) Reflex, mit noch mehr "Vorgriffen" das Schlimmste abwenden zu wollen.

In Österreich stammt der überwiegende Anteil aller Parteigelder vom Staat. Gemessen an den Parteisubventionen liegt Österreich mit derzeit über 25 Euro pro Wahlberechtigtem (in Nichtwahljahren) mit Abstand an der Spitze aller Demokratien. Nur in sehr wenigen Staaten ist die Parteiendemokratie annähernd so teuer wie in Österreich - Italien ist der einzige vergleichbare Fall. Dort stammt(e) ein beträchtlicher Teil allerdings aus dubiosen nichtstaatlichen Quellen.

Auch in Österreich gibt es problematische Finanzierungen. Zwar haben die Parteien - die angeben müssen, wie hoch die Gesamtbeträge von Spenden über 7.260 Euro (100.000 Schilling) sind - laut eigenen Angaben nahezu keine Großspenden von Privatpersonen und Unternehme(r)n. Die Praxis sieht anders aus: Alles was direkt an einen Politiker, an den Parlamentsklub, eine parteinahe Organisation fließt, als Auftrag an ein Parteiunternehmen getarnt werden kann (Inserate) oder eine Kostenübernahme ist (Druck-, Reise-, Übernachtungskosten), taucht in keiner Parteibilanz als "Spende" auf. Bei ÖVP und SPÖ summieren sich all diese Zuwendungen jeweils sicherlich einen zweistelligen Euro-Millionenwert, bei der FPÖ zumindest mehrere Millionen Euro pro Jahr. Auch wenn es immer wieder einschlägige Korruptionsvorwürfe gibt (etwa im Zusammenhang mit Waffenkäufen des Bundesheeres), lassen sich Parteien auf Bundes- und meist auch auf Landesebene durch derartige Zuwendungen vermutlich eher selten "kaufen". Der Einflussverlust der Sozialpartner(schaft), die bisher die wirtschaftliche Interessenartikulation gegenüber den Parlamenten dominiert haben, spricht aber für einen Bedeutungsgewinn des - auch finanziellen - Lobbying durch einzelne Interessenverbände und Unternehmen.

Österreichs Parteien haben im internationalen Vergleich die höchste Organisationsdichte: Trotz deutlicher Rückgänge sind 13 Prozent der Wahlberechtigten Parteimitglieder. Insofern verwundert, wie gering die Finanzierung über Mitgliedsbeiträge und Kleinspenden ist: bei der SPÖ betragen diese weniger als ein Drittel, bei der ÖVP etwas mehr als ein Fünftel, bei der FPÖ und den Grünen markant weniger als ein Zehntel der staatlichen Zuwendungen.

Subventionenmeister

Die staatliche Parteienfinanzierung kann die Korruptionsanfälligkeit von Parteien und Politikern senken. Aber obwohl Österreich "Weltmeister" bei den Parteisubventionen ist, liegt es bei der Verbreitung von Korruption nur im Mittelfeld der entwickelten Demokratien. Der eigentliche Hemmfaktor gegen Korruption liegt offenbar weniger in den staatlichen Zuwendungen, als vielmehr in wirksamer öffentlicher Kontrolle. Auch parteiinterne Diskussionen kommen nur zustande, wenn die Medien Fehlentwicklungen aufdecken. Diese mediale Kontrolle müsste durch weitergehende Rechenschaftspflichten der Parteien gefördert werden. Dieser müssten alle Parteiebenen unterliegen, die auch ihren Vermögens-, Schuldenstand und erhaltene Spenden (auch die Namen der Großspender) offen legen müssten.

"Teuerste" Parteien

Weiters müsste der finanzielle Stellenwert der Mitglieder deutlich gesteigert werden. Dies könnte dadurch geschehen, dass ein gewisser Teil der staatlichen Zuwendungen auf die Förderung von Kleinbeiträgen umgeschichtet wird: Etwa indem Beiträge und Kleinspenden (bis 1.000 oder 2.000 Euro) für die Zahler mit einer Steuergutschrift im Ausmaß der Hälfte des Betrags verbunden werden (und höhere Spenden absetzbar sind) und der Staat den Parteien derartige Kleinbeiträge zusätzlich prämiert - Deutschland und Nordamerika kennen derartige Modelle. Auch wenn die Wahlkampfstrategen der Parteien jammern: Demokratiepolitisch wäre wünschenswert, dass sich die Parteien weniger nach Grenzwählern, als vielmehr nach ihren Zielgruppen - Mitgliedern, Kleinfunktionären, Sympathisanten - richten.

In Wahljahren müsste auch der Einsatz von Werbemitteln begrenzt werden. Allen Regelungen sollte mit empfindlichen Strafdrohungen Nachdruck verliehen werden. Und nicht zuletzt müssten die Angaben der Parteien von unabhängigen externen Kontrollinstanzen regelmäßig überprüft werden: bei Parlamentsklubs, staatlich subventionierten Schulungseinrichtungen vom Rechnungshof, bei den Parteiorganisationen selbst von einer unabhängigen Sachverständigenkommission, die auch Berichte über mögliche Reformen erstellen sollte. Beispiele dafür gibt es: die Federal Election Commission der USA, die Sachverständigenkommissionen in Deutschland. Insofern könnte Österreich aus internationalen Vergleichen deutlich mehr entnehmen als nur die Tatsache, über die weltweit teuersten Parteien zu verfügen.

Der Autor ist Politologe und Autor zahlreicher Publikationen unter anderem zur Parteienfinanzierung. Lesetipp: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Heft 1/2002: Parteienfinanzierung im internationalen Vergleich (Themenheft).

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