Politische Ausschussware

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Kaum wo wird bekanntlich das freie Mandat so hochgehalten wie in Österreich - ein Leuchtturm des lebendigen, modernen Parlamentarismus in der westlichen Welt. Da versteht es sich auch von selbst, dass die Regierung sowas von keinen Einfluss darauf hat, wer vor einen Untersuchungsausschuss geladen wird oder ob dieser überhaupt ein-, fort- oder abgesetzt wird. Alles Sache der einzig ihrem Wissen und Gewissen verpflichteten freien 183 Abgeordneten zum Nationalrat.

Notfalls tut’s statt des U-Ausschusses auch ein ORF-Sommergespräch. Da ersetzt dann der freie TV-Anchorman und Starinterviewer die freien Ausschussmitglieder - aber das ist eine Sonderregelung, die nur unter ganz bestimmten Bedingungen zur Anwendung kommt …

Kann man noch anders als unernst über all die bizarren politmedialen Verrenkungen rund um den "Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen“ vulgo Korruptionsausschuss schreiben und sprechen? Das einzig Erfreuliche der letzten Tage in diesem Zusammenhang war der Rückzug von Gabriele Moser vom Vorsitz des Ausschusses, den sie nicht als Rücktritt, sondern als Weg-Freimachen verstanden wissen will. Moser wirkt in dem ganzen Betrieb sowieso wie ein Fremdkörper, auch innerhalb der eigenen Fraktion; sie ist geblieben, was sie ist: AHS-Lehrerin für Deutsch und Geschichte (und das ist aus großer Grundsympathie für Lehrer heraus geschrieben). Man kann sich vorstellen, dass sie eine wunderbar altmodische, gelegentlich etwas mühsame, aber in Erinnerung bleibende Lehrerin war.

Ressentiment gegen "die da oben“

Ob der freigemachte Weg auch tatsächlich beschritten wird und auf welche Art und Weise, wird sich erst zeigen. Ein vorzeitiges Ende würde jedenfalls nicht nur bei der schmalen Schicht an politisch Interessierten Irritation auslösen - gerade die breite, politikferne Masse würde sich in ihrem Ressentiment gegen "die da oben“ bestätigt sehen. Ein Ressentiment, das sei dazu gesagt, das freilich durch den Tribunalcharakter, den U-Ausschüsse hierzulande meist annehmen, schon kräftig genährt wurde: "San eh alles Gauner …“ Das aber kann kein generelles Argument gegen solche Ausschüsse sein, nur eines für eine andere politische Kultur. Ein frommer Wunsch, gewiss.

Zacken von Krone und Österreich

Ein wohl unerfüllbarer Wunsch jedenfalls im Falle einer sogenannten Großen Koalition. Wenn es noch eines Beweises für die demokratiepolitische Misere dieser Konstellation bedurft hätte, dann wäre er Karlheinz Kopf (und zuvor schon Werner Amon) geglückt: Aus Koalitionsräson nämlich könne man, leider, leider, nicht für eine Ladung von Bundeskanzler Werner Faymann stimmen (soviel übrigens zum freien Mandat). Das widerspräche dem Koalitionsabkommen - und brächte das Risiko von Neuwahlen mit sich. Na und wenn schon, möchte man spontan einwerfen … Aber das ist nicht die Logik großkoalitionärer Politik. Die gebietet Hin- und Rücksichten, Tarnen und Täuschen. Immerhin haben Amon und Kopf das diesfalls offen eingestanden. Das macht die Sache freilich kaum besser, zeigt nur erschreckend deutlich auf, was entsteht, wenn zusammen regiert, was nicht zusammengehört. Ungeachtet dessen muss man mit einer Fortsetzung dieser Mésalliance auch nach den nächsten Wahlen rechnen.

Vielleicht erscheint ja Werner Faymann bis dahin doch noch vor dem U-Ausschuss. Auch Wolfgang Fellner würde kommen, wenn er geladen wird, ließ dieser in der ZIB24 wissen. Und Fellner richtete dem Freund im Kanzleramt aus, diesem "würde kein Zacken aus der Krone“ - und auch nicht aus Österreich - fallen, wenn er vor dem Ausschuss aussagte. Unter Wahrheitspflicht, versteht sich. Aber dieser Pflicht unterzieht sich einer wie Faymann ohnedies ganz selbstverständlich freiwillig. Auch wenn es nur ein sommerabendliches Fernsehgespräch ist.

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