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Ein Schilderer des Menschlichen
Fritz Silberbauer gehört zu den wenigen, die aus den äußeren und inneren Gegebenheiten der Zeit in sich abgeschlossene Werke schaffen, was nicht besagen will, daß der heute 68jährige Künstler kein Ringender mehr sei. Aber zu der Theorie des Farben-“ kreises entwarf er eine Wertskala der Linie, um auf diese Weise und mit Hilfe seiner außerordentlichen Beherrschung der Techniken Bilder zu komponieren. Die ausgestellten Werke entstammen fa6t durchwegs den letzten Jahren. Sie zeigen die heute so selten gewordene Strenge der Linienführung, die, aus der Notwendigkeit bei der Schöpfung von Glasmalereien geboren, bis in die Graphik vordringt. In der Glasmalerei gelang es ihm aber auch, wieder jene Farbharmonie zu entdecken, die es den mittelalterlichen Meistern ermöglichte, das Licht der Sonne gebrochen durch die Buntheit der Scheiben in einen weißhellen Schein im Kircheninnern zu verwandeln. Den stärksten Eindruck hinterläßt hier zweifellos 6eine „Flamme“, in der emporstrebende Linien und Zusammenklang der Farben eine besonders gelungene Einheit ergeben. Seine Sgraffitotechnik, die er auch bei seinen Deckenornamenten in* der Weinbauschule Silberberg anwendet, muß besonders hervorgehoben werden. Die Komposition seiner Werke und die einzelgegenständliche Darstellung sind bewußt konstruktiv, wie überhaupt ein starker intellektueller Zug aus seinen Arbeiten erkennbar ist.
Wer aber glaubt, daß 6ioh das Werk des Künstlers im Beherrschen des Formalen erschöpft, den werden seine graphischen Arbeiten eines anderen belehren, deren Zyklen in oft launisch-skurriler Form von seelischen Entdeckungen erzählen. Da sind Tod und Engel, die über dem schlafenden Menschen wachen, da 6ind die Spiegelbilder unserer Angesichter: die zwiefache Frau, die neben ihrem schönen Antlitz eine Grimasse trägt: der Fresser, der, ehe er die Blumen verzehrt, noch weise Lehren über sie hält — oder der Zornige, der nur mehr aus ausgerissenen Gliedern besteht: vor allem aber die Geschichte vom ewigen Wandern, vom „Rutengänger Mensch“, ein noch unvollendeter Zyklus von den Begegnungen des Menschen, Blätter, aus denen thematisch vor allem „Der Kämpfer“, ein Wesen ohne Kopf, oder die „Eisfrau“ in Erinnerung bleiben. Solche Zyklen in Buchform vielen zugänglich zu machen, wäre eine nicht nur künstlerische Notwendigkeit.
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