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Wichtige Bauwerke der Moderne, der rüde Charme der siebziger Jahre oder ein Ambiente wie am "Zauberberg": Die Kurorte der Slowakei haben architektonisch einiges zu bieten.

Wie keine andere Epoche veränderte die Moderne die Slowakei. Seit der Wende zum 20. Jahrhundert legte die Architektur hier mit weit reichenden städtebaulichen und sozialen Konzepten den Grundstein zur Modernisierung der Gesellschaft. Einflüsse aus Ungarn, Otto Wagner samt Schule und der Brünner Funktionalismus bildeten das Dreigestirn, unter dem sich eine vielseitige, eigenständige Architektur bildete. Mit hohem sozialpolitischen Anspruch geplant, entstanden im "Goldenen Zeitalter" der 20er und 30er Marksteinbauten diverser Funktion.

Piestany

Zu handverlesenen Heilanstalten und Bädern entführte eine von Iris Meder und Henrieta Moracíková konzipierte "Sonntagstour 144" des Architekturzentrum Wien. Qualitätsbauten aller Epochen machen den traditionsreichen Kurort Piestany an der Waag zum kontrastreichen Architekturparcours.

Am Beginn stand 1820 das Napoleonbad, Pensionen und Arzthäuser (u.a. von Pionieren wie Friedrich Weinwurm, Emil Bellus) bezeugen die kleinen Anfänge, den Durchbruch zum Nobelkurort brachte das vom ungarischen Duo Armin Hegedüs und Henrik Böhm geplante "Thermia Palace". Sein folkloristischer Jugendstil verbreitet die Opulenz des Fin de Siècle, im stahlbetonüberkuppelten "Irma-Bad" ruht man unter Fliesen mit Keramikfischen im heilsamen 45 Grad-Schlammwasser.

Kolonnaden von Bellus

Neben Häusern finden sich hier zwei Hauptwerke von Emil Bellus. Noch heute besticht seine Post von 1928 mit rundem Eck, großen Fenstern, lichtgefluteter Schalterhalle und feinen Details. Die gegenschwingende Innentreppe mündet mit Statue, Säulen und Ledersitzbank im oberen Kundenraum, wo man mit Stil Geld wechselt.

Ortsbildprägend ist Bellus' überdachte Kolonnadenbrücke, die mit eleganter Leichtigkeit über die Waag schwebt. Wesentlich mehr als ein flanierfreundlicher Verkehrsbau, wurde dieses Spitzenwerk zum Statussymbol der ersten slowakischen Republik. Eine Statue des Ortspatrons, der "Krückenbrecher", ziert den verglasten Eingangspavillon mit dezent integrierten Läden, von hier wandelt man beidseitig um die transparente Mitte mit Traumpanorama zur großen Insel in der Waag. Dort planten Frantisek Wimmer und Andrej Szönyi 1934 das Thermalbad "Eva". Sein offenes Becken misst 50 mal 18 Meter, in der großzügig verglasten Halle mit Garderoben, Kassa und Lokal ist ein gedecktes Bassin.

Den rüden Charme der 70er verbreitet die Stahlbetonmoderne der riesigen Mehrstern-Hotels "Esplanade" (V. Uhliarik, C. Turusonov), "Palace" (V. Uhliarik, A. Plasko), "Splendid" (V. Uhliarik, J. Schuster) und "Grand"(J. Schuster). Mit planwirtschaftlicher Ambition und städtebaulicher Grandezza säumen sie das Grün der weitläufigen Esplanade. Ein anderer Prestigebau der Zeit steht im Kurpark: Ferdinand Milucky, dem mit dem Krematorium in Bratislava Weltarchitektur glückte, plante das Kunsthaus mit Freitreppe zwischen imposanten, leicht ausschwingenden Sichtbetonscheiben. Das Interieur ist fliesenverkleidet, aus roten, geschwungenen Deckenelementen ragen kühn Glühbirnen an Rundstäben. Im Sommer spielt die Slowakische Philharmonie hier auf.

Schmucke Historismus- und Jugendstilfassaden prägen die Fußgängerzone, die mit dem Hotel Eden in mondänes Flair mündet. Pavel Weisz brachte im markanten modernen eckturmgekrönten Bau 1930 einen Hauch weite Welt nach Piestany.

Trenciaske Teplice

Ein weiteres Kur-Highlight ist Trenciaske Teplice, das die Wiener Bankiersfamilie Sina zum Blühen brachte. Beeindruckt vom türkischen Bad der Pariser Weltausstellung ließ Tochter Iphigenie 1888 von dessen Architekten Frantisek Schmoranz ein arabisches Hamam originalgetreu nachbauen. Reich mit florealen Elementen und ihren Initialen geschmückte Kacheln zieren als türkisblaue Sinfonie die Umkleidekabinen. Direkt aus der Quelle strömt das mit 2900 mg/l hochkonzentrierte schwefel-, kalk- und magnesiumhaltige Thermalwasser ins Becken, das man nach orientalischer Sitte verhüllt wirken lässt. Hochsensibel fügte Artur Szalatnai 1931 dem Hammam einen modernen, puristischen Zubau mit Backsteinfassade an.

Bis zu 30.000 Saisongäste kamen damals, was dem Ort große Architektur wie das Sanatorium Machnác von Jaromír Krejcar schenkte. Er analysierte den Patiententag, um eine einzigartige Kombination aus Hotel und Sanatorium zu entwerfen. Der Bau mit ausladender Zufahrt zur Lobby, dem von Fensterbändern und Sonnenbalkonen mit horizontalen Geländern gegliederte Krankentrakt ist einer der bedeutendsten des europäischen Funktionalismus.

Malerisch in die bewaldeten Hügel am Ortsrand gebettet, verfällt ein Architekturjuwel in Anmut und Würde. 1936 plante Bohuslav Fuchs (der unter anderem das "Hotel Avignon" in Brünn errichtete) hier das berückend schöne Freibad "Grüner Frosch". Er wandte sich damit vom geradlinig-strengen Funktionalismus freieren Formen zu. In sanftem Bogen schwebt der zweigeschoßige, von Terrassen gegliederte Kabinentrakt über dem Natursteinsockel im Hang, weitet sich unterm auskragenden Flugdach zum verglasten Restaurant im höheren Kopfbau, unter dem eine organische Plattform zum Flanieren lädt. Weil es zu wenig Wasserdruck gibt, um das hochgelegene Becken zu füllen, ist es geschlossen. Durch ein Loch im Gartenzaun kann man es erobern und ungestört seinem Reiz erliegen.

Sliac

An Thomas Manns Zauberberg erinnert SliaÇc. Das seit Ende des 19. Jahrhunderts hochfrequentierte Heilbad liegt 373 Meter hoch über dem Fluss Hron im Polana Gebirge. An serpentinenförmigen Wegen schmiegen sich Kurhäuser, Hotels, Kapelle, Thermalfreibad und Ähnliches an den Hang. Rudolf Stockar krönte den Ort mit einem herrschaftlichen Hotel, Kurhaus und Sanatoriumskomplex für Herzkranke. Geschickt überwindet die siebenstöckige Anlage mit Terrassenlandschaften und der imposanten, zentralen galeriegesäumten Freitreppe 12 m Niveauunterschied. Gesellschaftsräume, Lobby, über 200 Zimmer mit Balkonen und Terrassen birgt das Hotel mit Turm, beim Sanatorium bedachte Stockar das Wohl der Kranken. Mit geschützten Freibereichen, weitläufigen Kolonnaden, Aussichtsterrassen, Balkonen und der baumgesäumten, 138 Meter langen Geschäftsarkade lädt dieses Sanatorium bei jedem Wetter zum Flanieren vor dem traumhaften Bergpanorama ein. Speisesäle mit Galerie, Gemeinschaftsräume, Kino und Ähnliches garantieren Zerstreuung.

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