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Kein human denkender Mensch, auch keiner, dessen Humanismus sich aus christlichen Wurzeln speist, wird die Argumente der Sterbehilfe-Befürwortern leichtfertig vom Tisch wischen können. Wer hier schnelle Antworten parat hat, macht sich verdächtig. Auch und gerade mit dem Verweis auf Gott als den "Herrn des Lebens" sollte man behutsam umgehen.

In früheren Zeiten wurde um eine "gute Sterbestunde" gebetet. Diese war und ist nicht jedem vergönnt; die Frage ist, ob man, wenn die Aussicht auf einen schönen, einen guten Tod (der Wortsinn von "Euthanasie") geschwunden ist, dem Betroffenen unter bestimmten Auflagen dazu verhelfen dürfe. Diese Diskussion wurde schon äußerst heftig geführt, zuletzt vor etwas mehr als einem Jahr, als in den Niederlanden die gängige Praxis der aktiven Sterbehilfe legalisiert wurde.

Nun ist Belgien mit einem entsprechenden Gesetz noch deutlich über die niederländische Regelung hinaus gegangen: Erlaubt ist die Sterbehilfe dort auch für unheilbar Kranke, die nicht in absehbarer Zeit sterben werden sowie für psychisch Kranke. Die massiven Bedenken, die seinerzeit schon im Falle der Niederlande aus guten Gründen geäußert wurden, haben angesichts der Entscheidung des belgischen Parlaments noch deutlich an Gewicht gewonnen. Es geht um die Frage, ob die ärztliche Verantwortung mit einer solchen Entscheidung nicht überfordert ist; es geht um die gesundheitsökonomische Seite des Themas - die letzten Lebensmonate- oder -jahre können teuer sein. Vor allem aber wird die - auch dem belgischen Gesetz zugrundeliegende - Prämisse des mündigen Subjekts durch die Ausweitung auf psychisch Kranke noch einmal fragwürdiger.

Dass der Begriff der Autonomie des Menschen ebensowenig quasi letztinstanzlich Urteile begründen kann, wie - in säkularen Gesellschaften - der Rekurs auf "Gott", musste schon bisher klar sein. Die belgische Entscheidung lässt das nun in neuer Schärfe hervortreten. Darüber nachzudenken, was Autonomie bedeuten kann und was nicht, sollte auch für jene ein Gebot der Stunde sein, die für sich das Prädikat "liberal" in Anspruch nehmen.

Sollten Sie sich in einer ausweglosen Situation sehen, finden Sie Hilfe unter www.suizid-praevention.at sowie rund um die Uhr bei der Telefonseelsorge unter der Nummer 142.

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