Ustascha - © Foto: akg-images / picturedesk.com

Extreme Rechte am Westbalkan: Die Ustascha und ihre Erben

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„Die Sicherheit Österreichs beginnt am Westbalkan“, heißt es oft. Umso wichtiger ist die Auseinandersetzung mit nationalistischen Gruppierungen – in Kroatien und Serbien selbst wie auch in der Diaspora. Ein Überblick vom Zweiten Weltkrieg bis heute.

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„Die Sicherheit Österreichs beginnt am Westbalkan“, heißt es oft. Umso wichtiger ist die Auseinandersetzung mit nationalistischen Gruppierungen – in Kroatien und Serbien selbst wie auch in der Diaspora. Ein Überblick vom Zweiten Weltkrieg bis heute.

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Im Mosaik der europäischen Politik ruft der Begriff „extreme Rechte“ oft Bilder von Faschismus und Nationalsozialismus hervor. Im Westbalkan jedoch nimmt dieser Begriff Dimensionen an, die sich einer einfachen Kategorisierung widersetzen. Die Region, mit ihrer komplexen Geschichte und kulturellen Vielfalt, präsentiert eine Erzählung, die sich erheblich von der restlichen europäischen und amerikanischen unterscheidet.

In Kroatien und Teilen von Bosnien-Herzegowina ist die rechtsextreme Landschaft stark durch den historischen Schatten der Ustascha-Bewegung geprägt. Verbündet mit den Nazis während des Zweiten Weltkriegs war die Ustascha für ihre brutale Kampagne gegen Serben, Roma und Juden bekannt.

Die jugoslawischen Behörden mit General Josip Broz Tito an der Spitze versäumten es, sich mit diesen Verbrechen auseinanderzusetzen. Unter der Idee von Bratsvo i jedinstvo (zu deutsch „Brüderlichkeit und Einheit“) wurde stets die Notwendigkeit der Solidarität unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit unterstrichen. Es sollte die Einheit im sozialistischen System fördern. So konnten die sechs Teilrepubliken – bestehend aus Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und Mazedonien – friedlich zusammenleben. Abtrünnige Kommunisten und Nationalisten, die sich gegen die jugoslawische Einheit aussprachen, wurden auf die Gefängnisinsel Goli Otok verbannt.

Die zerrissene Region

Der unterdrückte Groll und ignorierte Spannungen dienten schlussendlich als Treiber für den Konflikt, der in den 1990er Jahren ausbrach und die Region zerriss. Kroatische Nationalisten griffen Symbole, Sprache und einen Großteil der Ideologie der Ustascha wieder auf.

Mit dem Ende des Krieges begann Kroatien seinen Weg nach Europa und schien zuweilen bereit zu sein, mit der Vergangenheit umzugehen. Trotzdem ist die Beliebtheit der extremen Rechten und ihrer Symbole nicht vollständig verschwunden. Vor allem bei Fußballspielen wird das deutlich. Obwohl es verboten ist, nehmen Nationalmannschaftsfans sogar Strafen auf sich, um bei Matches eine Ustascha-Fahne zu schwenken oder verherrlichende Lieder zu singen. Bei offiziellen Feierlichkeiten darf auch der Rocker Marko Perković alias Thompson nicht fehlen. In seinen Songs bezieht er sich häufig auf kroatischen Ultranationalismus. Sogar in Wiener Cafés mit überwiegend kroatischem Klientel kommt niemand an seinen Liedern vorbei. Und Graffitis der Ustascha-Zeichen (ein „U“ mit einem Kreuz oder der kroatischen Flagge in der Mitte) sind in bestimmten Teilen Wiens häufig anzutreffen.

Es ist nicht nur eine Frage des historischen Reenactment, der Wieder-Inszenierung von Geschichte; es ist eine lebendige Ideologie, die weiterhin den politischen und sozialen Diskurs in der Region beeinflusst. Die anhaltende Präsenz von Ustascha-Symbolen, sei es in Form von Graffitis oder von Gesängen während Fußballspielen, unterstreicht auf beunruhigende Weise die Fortführung einer Verbindung zur Vergangenheit.

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