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Nur gegen Schwarz und Rot

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Zwischen den propagandistischen Paukenschlägen der beiden Großparteien im Nationalratswahlkampf ist der „Trommelwirbel“ der kleinen Parteien nahezu untergegangen. Ein einziges Mal gelang es der Freiheitlichen Partei, die gewünschte Aufmerksamkeit zu erlangen: Mit ihrer Erklärung vom 16. Jänner — keinesfalls mit den Sozialisten in eine Koalition einzugehen — war aber auch schon alles Pulver verschossen. Woran klammerten sich also die „politischen Zwerge“ in ihrer Natio-nalratswahlpropaganda? Die „Formel 70“ der FPÖ ist wohl kaum mit der „Formel I“ im Autorennsport zu vergleichen: Allein schon vom politischen Gewicht her scheint die freiheitliche Formel eher

— um beim Beispiel aus dem Auto-sport zu bleiben — ein Pferdestärkearmes Vehikel zu sein. „Zukunft, Aufstieg, Europa — die Formel für junge Wähler in Österreich“ ist Im wesentlichen nichts anderes als der Appell an die Unzufriedenheit des „Kleinen“ mit der „großen Politik“. Dabei drängt sich der Verdacht auf, daß die FP-Mannen die Zielsetzungen der Großparteien für Abschreibübungen verwendet haben. Ähnlich allgemein wie nichtssagend ist auch die „Aufstiegs- und die Europaformel“. Damit glaubten die „Blauen“ bereits alles getan zu haben, „damit die Richtung stimmt“. Diese Richtung wurde ihnen aber in den Landtagswahlen seit 1966 aufgedrängt und verleitete schließlich zu der Annahme, daß man als kleine Partei doch wieder im politischen Konzert eine Rolle spielen könne. Verstärkt wurde diese Hoffnung der österreichischen Freiheitlichen sicher aber auch durch die Regierungsbeteiligung der deutschen FDP: Daß aber der Trend zum liberalen Lager bei deÄ Wählern keine echte Entscheidung war, sondern eine „Unmutsäußerung“ gegen die Großparteien, haben die verantwortlichen FP-Leute zu spät erkannt. Sicherlich war auch die Entscheidung vom 16. Jänner ein Bumerang.

Welche Richtung“?

Die spärlichen, aber gut besuchten Wählerversammlungen der FPÖ sind kaum noch von diesem jugendlichen Elan getragen, wie er uns noch von Plakatwänden und Wahlprospekten entgegenstrahlt. Peter, Zeillinger, Götz und Scrinzi wirken selbst bei weitem nicht so jung, wie man sie

— nach ihren Vorstellungen — auf dem Papier sehen sollte. Zu früh war auch der Jubel, den die FPÖ selbst ihrer Propaganda spendete: „In der Wahlkampfzentrale der FPÖ freut man sich“, steht im „Team-Bericht“ zu lesen. „Bundeskanzler Dr. Klaus lobte die Propaganda der FPÖ Ihretwegen müsse man sich irr Wahlkampf, mehr als vorgesehen den Freiheitlichen zuwenden: ,sons1 könnten viele verleitet werden, die FPÖ zu wählen'.“ Und — leider handelt es sich nicht um Selbsterkenntnis — es heißt dort weiter: „Antworl vom FPÖ-Wahlkampfteam: ,Dank< für die Blumen — Herr Bundeskanzler. Aber etwas haben Sie doch vergessen hinzuzufügen: Die beste Werbung nützt nichts, wenn di< Partei nichts taugt'.“

Es spielt dabei sicher auch Selbstüberheblichkeit mit, wenn in FP Kreisen angenommen wird, daß dii ÖVP sich mehr mit den Freiheit liehen beschäftigt. Vielleicht habei die Erfolge seit den letzten National ratswahlen die Peter-Mannen docl zu sehr optimistisch gestimmt? De Schein trügt nicht: Die FPÖ beschäf tigt sich in der Wahlwerbuni hauptsächlich mit der Politik de anderen, man ist gegen die groß Koalition, die „Schwarzen“ wie di „Roten“ und vergißt dabei ganz, dal die eigenen Ideen und Vorschlag fehlen.

Dagegen nützt auch der sicherlic einprägsame Slogan „damit die Rieh tung stimmt“ nichts. Denn es wurd

überhaupt verabsäumt, auch nur ein Wort über die Richtung auszusagen. Die optisch gelungen* Verpackung gibt darüber keine Auskunft und deshalb wird sich wahrscheinlich auch keine Effektivität beim Wahlausgang einstellen. Hat die FPÖ gegenüber den anderen Kleinparteien noch den Vorteil besessen, Sendezeiten im Hörfunk und im Fernsehen zur Verfügung gestellt zu erhalten, so hat sie diese Chance und die damit verbundene Aufgabe nur mit Unzulänglichkeit gelöst. Was die Freiheitlichen wollen, ist den Wählern weiterhin unbekannt — bekannt ist nur, was sie nicht wollen.

Zwergparteien ohne Chancen

Vor eine recht unangenehme Entscheidung stellt die KPÖ ihre Anhänger im Nationalratswahlkampf: Das Wahlprogramm der KPÖ wurde gleich zum Abschrecken mit „Wahlkampf — Klassenkampf“ überschrieben und zum zweiten stellte man „KPÖ wählen — sinnvoll wählen“ gegenüber. Zugpferd der Kommunisten Ist der Listenführer und KP-Vorsitzende Franz Muhri, der in seiner Propaganda „eine energische und kompromißlose Vertretung“ nach den Wahlen garantiert, aber gleich einschränkt, daß die KPÖ „die entscheidendste und stärkste Krait jeder außerparlamentarischen Opposition“ ist. Warum also, könnte man jetzt fragen, kandidieren die Kommunisten überhaupt noch für die Nationalratswahlen, wenn sie schon von vornherein nur der APO frönen? Kein Mensch erwartet nach der Krise der KPÖ im vergangenen Herbst noch ein echtes Lebenszeichen von dieser Partei; Ähnlich hoffnungslos — wenn auch geschickter — präsentiert sich Olahs Werbung für die DFP. Die Wahlgemeinschaft Franz Olah greift in ihrer Wahlwerbung vor allem die Sozialisten an, malt aber auch „Blaurot-schwarz: teuflisch!“ an die Wand — im wahrsten Sinn des Wortes. Wahrscheinlich sind die finanziellen Mittel viel zu knapp, so daß zum Wildplakatieren und „Verzieren“ von öffentlichen Anlagen durch Slogans Zuflucht genommen wird. Gutinformierten Kreisen zufolge soll nicht nur dies das „Verdienst“ der DFP-Werbetrupps sein, sondern sollen auch Plakatzerstörungsaktionen auf das Konto dieser Wahlkämpfer gehen. Man vermutet, daß zahlreiche Vorwürfe, die ÖVP und SPÖ in diesem Zusammenhang gegeneinander richten, der DFP zuzuschreiben sind. Dieser — wenn die Vermutungen stimmen — gefährliche und kostspielige Kraftakt der DFP kann den politischen Tod ihres Parteiführers aber kaum noch verzögern. Selbst wenn es Olah nicht eingestehen will, hoffte er auf unzufriedene Sozialisten, die seinen Stern nochmals aufgehen lassen. Diese Hoffnung ist aber auch für die Wahlwerbung zuwenig: Saft- und kraftlos wirken die Aussagen, die darin gipfeln, daß vieles anders werden muß. Welche Partei ist nicht dieser Meinung? Der „Zwerg unter Zwergen“ bei den sonntägigen Nationalratswahlen ist aber die NDP des „Südtirolrecken“ Burger. Das 41jährige Oberhaupt der 1804-köpflgen Nationaldemokratischen Partei stellt in den Mittelpunkt seiner Wahlaussage, daß ihm „das Wohl der eigenen Landsleute“ näher steht als „jenes der afrikanischen Negerhäuptlinge oder tschechischen Flüchtlinge“. Sein Kampf „gegen die Verleumdung über den deutschen Soldaten im zweiten Welt-&#9632; krieg“ und die Herstellung der histo-; rischen Wahrhelten sind aber für ' den österreichischen Nationalrats-i wahlkampf genau so entbehrlich wie s die Art der Werbung, bei der es I selbst dem politisch uninteressierten s österreichischen Wähler aufstößt.

Burger hat es einmalig zustande i gebracht, sich selbst und seine Partei • von Anfang an unmöglich zu ! machen.

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