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Nicht sehen, nichts hören…

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Mit Vorliebe zitiert Bundeskanzler Kreisky ein Adenauer-Wort, um seine politischen Volten zu rechtfertigen: „Es kann mich niemand daran hindern, klüger zu werden.“ Ob Österreichs Sozialdemokraten ihre wirtschaftlichen Zielvorstellungen bloß aus politischer Opportunität einige Meilen von Karl Marx entfernt haben oder weil sie klüger geworden sind, wird schwer zu entscheiden sein. Fest steht, daß sie seit der Entrümpelung ihrer ideologischen Mottenkiste ungeheuer erfolgreich sind.

Der Lauf der Dinge, der sich sicherlich nicht ganz an die von Karl Marx vorgezeichnete Bahn hält, veranlaßte in den letzten Jahren selbst kommunistische Staaten, eingestanden oder uneingestanden, mit „kapitalistischen“ Elementen dem Genossen Plan Dampf zu machen:

Die von den Arbeitern in Selbstverwaltung geführten Betriebe Jugoslawiens sind überaus erfolgreich, seit sie nach den Gesetzen der Markt- wirtschäft agieren - auch dort, wo sie, wie auf den Exportmärkten, der „echten“ kapitalistischen Konkurrenz gegenüberstehen.

Ungarn hat den Übergang zur Marktwirtschaft praktisch offiziell verkündet. Die Verzerrungen durch dekretierte Preise hatten zu einer nicht mehr länger tragbaren Fehlleitung der Ressourcen geführt. Jetzt werden in Ungarn die Preisstützungen bis auf wenige Ausnahmen abgebaut (was schon eine enorme Preislawine auslöste), die Arbeiter nach dem jeweiligen Betriebserfolg entlohnt.

In Italien wiederum hat der Chefideologe der KPI in einem aufsehenerregenden Artikel vor einigen Tagen wesentliche Fundamente der Marxschen Wirtschaftsideologie, so z. B. die Forderung nach Nivellierung der Einkommen, als historischen Irrtum bezeichnet und das radikale Abgehen davon in der praktischen Politik der KPI gefordert. Italiens Arbeiter sollten mehr arbeiten und weniger streiken. Pfui, wie reaktionär!

All das kann freilich einen gestandenen österreichischen Juso nicht aus der Ruhe und zum Nachdenken bringen. Wie eh und je werden daher Ko- necny & Co. trotz chronischer Erfolglosigkeit auf dem beginnenden Parteitag der SPÖ weniger Arbeit und mehr Freizeit bei vollem Lohnausgleich, die Offenlegung der Einkommens- und Vermögensver- hältnisse, eine stärkere Besteuerung der Spitzeneinkommen und die Begrenzung der Möglichkeiten, das Einkommen selbst festzusetzen, fordern.

Ob ihnen die integrierte Gesamtschule oder die Ganztagsschule auf die Sprünge helfen wird?

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