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Soiįalismus
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß radikale Alternativen zur vorhandenen, mit mehr oder weniger Recht als „kapitalistisch“ anzusprechenden Gesellschaft in den westlichen Ländern nicht greifen und zum Zug kommen, so hat der dritte und triumphale Wahlsieg der Konservativen in Großbritannien diesen Beweis erbracht.
Obwohl in Großbritannien eine hohe Arbeitslosenrate herrscht und es auch sonst nicht an sozialen Ungerechtigkeiten, die zu Unzufriedenheit Anlaß geben könnten, fehlt, hat die radikale Alternative, die die Labour- Party präsentierte, nicht einmal die Betroffenen selbst genügend überzeugt.
Diese Unfähigkeit, eine radikale Alternative zu vermitteln, hängt mit der inneren Schwäche, die allen sozialistischen Wirtschaftskonzeptionen anhaftet, zusammen. Der Mangel an Effektivität einer sozialistischen Alternative kann auch nicht durch moralische Ansprüche auf- gewogen werden.
Im speziellen Fall Englands kam noch dazu, daß die Labour-Party vor etwa dreißig Jahren, als ich nach meinem juristischen Studium als Stipendiat des British Council an der London School of Economics studierte und Lust bekam, die Politikwissenschaft auch in Österreich zu beheimaten, noch eine solide Partei war. Sie verfügte zwar über einen linken Flügel, war aber insgesamt eine demokratische und in ihrer Westorientierung verläßliche Kraft.
In den folgenden Jahrzehnten wurde die Labour- Party durch systematische Infiltrationen linksradikaler und neutralistischer Gruppen so weit um funktioniert, daß auch Neil Kinnock, der sich um eine Abgrenzung von diesen extremen Gruppen bemühte, den verheerenden Eindruck, der sich bei den Wählern festgesetzt hatte, nicht zerstreuen konnte.
Die Mehrheit empfand den Wechsel zu Labour, der nach allen historischen Erfahrungen fällig gewesen wäre, als zu großes wirtschaftspolitisches Risiko, aber auch als außenpolitisches und militärisches Sicherheitsrisiko.
Außerdem kam Margaret Thatcher mit ihrer Entschlossenheit einem Bedürfnis entgegen, das auch in demokratischen Gesellschaften eine immer größere Rolle spielt: dem nach Autorität und Führung, die im konkreten Fall auch von einer Frau, die ihren Mann stellt, befriedigt werden kann.
Wenn die sozialistischen Parteien an diesen Bedürfnissen und Befürchtungen vorbeiagieren, laufen sie Gefahr, nicht nur die Funktion einer radikalen Alternative, sondern auch die notwendige und legitime eines Korrektivs einzubüßen und zur Bedeutungslosigkeit herabzusinken.
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