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Wer sich erinnern will, kann sich ja daran erinnern: an die Tage der alten, der guten, der bösen Großen Koalition. Streitigkeiten, die auf die Profilierungsneurosen der Koalitionspartner zurückgingen, waren an der Tagesordnung. Und die Kritiker dieser Koalition - voran die FPÖ - sahen in diesem Dauerkonflikt einen Beweis für die Unfähigkeit der Regierung.

Jetzt gibt es eine andere Koalition, von so vielen als neue Form der Partnerschaft gepriesen. Und siehe, das Spiel wiederholt sich. Schwarz-Blau ist, vorsichtig ausgedrückt, um nichts harmonischer als Rot-Schwarz. Das Problem scheint nicht diese spezifische Koalition zu sein, sondern Koalitionen an sich. Erklärung: Es werden nicht Koalitionen, es werden Parteien gewählt. Und Koalitionsparteien sind Konkurrenten am Wählermarkt.

Die Konflikte zwischen ÖVP und FPÖ gehen auf eine Ursache zurück - hinter der sich andere, tiefere Ursachen verstecken. Die erste Ursache ist, dass die FPÖ Sorge haben muss, bei der nächsten Nationalratswahl ähnlich katastrophal zu verlieren wie bei den letzten Landtagswahlen und wie bei den AK-Wahlen. Deshalb versuchen sich die Freiheitlichen - fast um jeden Preis - zu profilieren; vorzugsweise auf Kosten der Volkspartei.

So ähnlich haben sich SPÖ und ÖVP auch verhalten - vor 1966 und ab 1987: Wenn es um Stimmen geht, dann hört die Freundschaft auf. Das ist eben die Logik der Demokratie. Kann man also zur Tagesordnung übergehen und sagen, dass zwar der naive Glaube an die neue Qualität der Regierung Schüssel/Riess-Passer aufgegeben werden musste; dass aber an dessen Stelle nun eben auch diese Koalition als Zweckgemeinschaft zu begreifen ist, die das Konkurrenzverhältnis zwischen den Partnern nicht aufzuheben vermag? Das könnte man sagen, wäre Österreich eine Insel; eine Insel der mehr oder weniger Glückseligen. Aber die Konflikte in der Regierung betreffen in einem Ausmaß die internationale Stellung Österreichs, wie das die Konflikte in der guten, bösen alten Koalition nie vermocht haben.

Österreich ist - als Mitglied der EU - nur mehr ein teilsouveräner Staat, und darüber hinaus voll in die sich verdichtenden wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Vernetzungen Europas und der Welt eingebunden. Viele Kritiker der Regierung sehen darin Trost: Zum Glück gibt es die EU, deshalb sind diverse Unappetitlichkeiten - die vor allem aus dem südlichsten Bundesland kommen - von nur relativer Bedeutung.

Doch dieser Trost ist nur relativ. Denn um Österreichs Interessen in der EU zu wahren, muss Österreichs Regierung fähig sein, Allianzen zu schließen. Damit hatte sie ja von Anfang an Probleme. Und Ferrero-Waldner versuchte, nicht ungeschickt, als Antwort auf die Isolierung Österreichs mit den Beitrittskandidaten Mittel- und Osteuropas eine "strategische Partnerschaft" aufzubauen.

Und so sieht sie aus, diese Partnerschaft: Der Unsinn einer vor allem (aber nicht nur) von der FPÖ betriebenen antitschechischen Politik führt zu einer schweren Krise in den bilateralen Beziehungen. Das Gebräu aus nationaler Arroganz und revanchistischen Andeutungen zerstört nicht nur diese Partnerschaft, bevor sie überhaupt begonnen hat. Es gefährdet auch Österreichs Position in der EU. Die Tschechische Republik hat in der EU schon jetzt - dank Österreich - einen besseren Stand als Österreich.

Mächtige Staaten können es sich leisten, Außenpolitik als Folge der Innenpolitik zu sehen. Wenn das ein Staat wie Österreich macht, dann ist das - erstens - lächerlich; und, zweitens, gefährlich. Für Österreich.

Der Autor ist Politikwissenschafter in Innsbruck; derzeit Gastprofessor in Michigan/USA.

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